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Ermisch unter Chancenschock

Dutzend »Hundertprozentige« verballert und zwei Punkte verschenkt

Von Uwe Caspar
Ahlen (WB). Die Frage danach. Radio-Reporter zum Verler Trainer: »Gibt es eine Erklärung für diese eklatante Abschlussschwäche?« Der sichtlich noch unter dem Chancen-Schock stehende Mario Ermisch zuckt mit der Schulter und antwortet salomonisch: »Wenn es dafür eine gäbe, wären wir alle im Fußball weiter.«

Seine Mannschaft kam gestern nicht weiter, weil sie leichtfertig zwei Punkte im Südenstadion liegen ließ. Selbst Heiko Bonan, Coach der Ahlener RW-Reserve schien das 0:0 ein wenig peinlich zu sein. »Wir mussten uns mit Haut und Haaren gegen einen übermächtigen Rivalen wehren. Kein anderer Gegner hat bis jetzt gegen uns so viele Chancen her-ausgespielt wie die Verler«, war Bonan heilfroh über den mehr als schmeichelhaften Zähler.
Von Beginn an rollte ein Angriff nach dem anderen auf das RWA-Gehäuse, die Gastgeber konnten nur bei gelegentlichen Entlastungsangriffen ein bisschen Luft schnappen. Ansonsten standen sie nahezu unter Dauerdruck. Nach knapp 20 Minuten begann das Verler Strafraum-Drama mit dem kläglichen Auslassen der ersten »Hundertprozentigen«: Der von »Heini« Schmidtgal glänzend bediente Carlos Castillo donnerte die weiße Schicksalskugel weit über das Quergestänge.
In der Folgezeit übertrafen sich Schmidtgal und Castilla abwechselnd in punkto Versemmeln, wobei der Keeper meistens gar nicht eingreifen musste. Entweder zappelte der Ball im Außennetz, flutschte am Pfosten vorbei oder blieb in den Beinen eines Ahleners hängen. Glücklos, aber fleißig: Immerhin kurbelte »Heini« über die linke Seite fast pausenlos die Offensive an, an der sich nach dem Seitenwechsel auch der jetzt stärker spielende Jörg Bode beteiligte. Und im Mittelfeld sorgte Cosmin Uilancan für einige gute Aktionen.
Am Ende summierten sich die SCV-Großchancen (Ermisch: »Für mich waren das zwölf glasklare Einschussmöglichkeiten«) auf ein gutes Dutzend. Den arg in die Bredouille geratenen Bonan-Buben blieb gar nichts anderes übrig, als das Leder möglichst weit weg aus der Gefahrenzone zu bolzen. »Der Gegner steht nur hinten drin und wird dafür auch noch mit einem Punkt belohnt. Das finde ich nicht gerecht«, haderte ein enttäuschter Mario Ermisch.
Viel hätte nicht gefehlt, dann wären seine Schützlinge sogar ganz leer ausgegangen. Denn in der Schlussphase - nicht untypisch für ein von Einbahnstraßen-Fußball geprägtem Match - tauchte plötzlich Tim Eckelt frei vor der Verler Kiste auf. Doch die einzige RWA-Chance verpuffte an den Fäusten von Marco Kirchhoff.
Dafür musste der Vizemeister zwei andere Tiefschläge kurz vor dem von Ahlen herbeigesehnten Abpfiff einstecken: Tim Hagedorn knickte böse mit dem Fuß um und der offensichtlich von der Nullnummer gefrustete Uilacan handelte sich nach einer völlig blödsinnigen Attacke auf Höhe der Mittelinie nicht zu Unrecht die dunkelrote Karte ein. »Die gelbe Karte hätte in diesem Fall auch gereicht«, meinte Ermisch.

Artikel vom 04.09.2006