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Konzerthilfe
hat Wurzeln
in Hegensdorf

Benefiz-Tournee mit Klaus Mertens

Kreis Paderborn (WV). Eine lange Geschichte verbindet den international gefragten Sänger und Pianisten Klaus Mertens mit dem Paderborner und Bürener Land. Vom 10. bis 12. September singt dieser hier drei Benefizkonzerte zugunsten von brasilianischen Straßenkindern.

»Fahr ment los!«, sagt die neunzigjährige Tante Louise zu ihrem Neffen Gregor Schulte. Dieser dreht sich zu seinen deutschen Gästen auf dem Rücksitz seines Wagens um und fragt: »Was heißt 'ment'? Das steht in keinem Wörterbuch.« Das Gespräch über den typisch Hegensdorfer Ausdruck »ment« ereignete sich 1999 ungefähr 7000 Kilometer Luftlinie entfernt von Hegensdorf im kanadischen Lake Lenore. Der Ort liegt im Bundesstaat Saskatchewan, der wegen seiner unendlichen Ackerflächen auch der »Brotkorb der Welt« genannt wird.
Tante Louise ist die Tochter von Heinrich Schulte, der 1877 im Alter von 18 Jahren das Dorf Hegensdorf verließ, um in den USA und später in Kanada als Farmer sesshaft zu werden. Zu Hause in Lake Lenore durfte nur deutsch gesprochen werden, und so findet man heute noch in der kanadischen Prärie typische Hegensdorfer Sprachgewohnheiten. 1982 war Louise Schulte in Hegensdorf, wo sie sich mühelos mit gleichaltrigen Dorfbewohnern unterhalten und viele gemeinsame Bekannte treffen konnte.
Auch für Alfons Gerwing, ebenfalls Neffe von Louise Schulte, waren es die perfekten Deutschkenntnisse, die ihm bei seinen regelmäßigen Deutschlandbesuchen die Herzen und Türen öffneten. 1982 besuchte er Libori und lernte die Mitglieder des Domchores kennen. »Ihr müsst mal in Kanada eine Tournee machen«, meinte er in froher Runde am Bierstand. Was zunächst für einen Scherz gehalten wurde, entwickelte sich 1983 zu einem grandiosen Unternehmen, als Alfons Gerwing meldete: »Alles klar für eine Woche Kanada, wir erwarten bei uns den Paderborner Domchor!« Es folgte eine Tournee durch Kanada mit den Chorsängern und Domchor-Knaben über 2800 Kilometer mit dem Bus durch Kanada. Mit dabei war auch Klaus Mertens, ein international bekannter Bassbariton. Sechs Konzerte mit mehr als 5000 Besuchern fanden statt.
Nach seiner Pensionierung als Lehrer für Englisch und Musik an der Gesamtschule in Lake Lenore widmete sich Alfons Gerwing der Hilfe für brasilianische Straßenkinder. Solange es seine Gesundheit zuließ, verbrachte er einen Großteil seiner Zeit in den Favelas von Maceio. Heute ist Gerwing 83 Jahre alt. Er hat die Stiftung »Rainbow of Hope for Children« gegründet und versucht nun seine Leidenschaft für die Musik in Wohltätigkeitskonzerte zugunsten der Hilfsprojekte für brasilianische Straßenkinder umzusetzen. Bereits 1995 fand ein Konzert in der Bürener Stadthalle statt.
Als Gerwing sich zu Beginn dieses Jahres mit der Bitte um Hilfe für eine weitere Konzerttournee zugunsten der brasilianischen Straßenkinder an seine deutschen Freunde vom Domchor und in Hegensdorf wandte, fand er sofort große Unterstützung. Außer den damaligen Domchormitgliedern und Freunden aus Hegensdorf zeigten sich Pfarrer Peter Gede und Karl-Heinz Befeld vom Haus Bürenschen Fonds spontan bereit, das Anliegen zu unterstützen und die Bürener Jesuitenkirche für ein Konzert zu öffnen. »Die Brasilienhilfe hat seit vielen Jahren Tradition im Pfarrverband«, so Pfarrer Gede.
Der als Interpret barocker Kirchenmusik weltbekannte Klaus Mertens erklärte sich sofort zu elf Auftritten in deutschen Städten bereit. Begleitet wird er an der Orgel von Gregor Schulte, dem Neffen von Alfons Gerwing und Tante Louise aus Kanada. Die Konzerte finden am 10. September (17 Uhr) in der Pfarrkirche Wewer, am 11. September (19.30 Uhr) in der Bürener Jesuitenkirche und am 12. September (19.30 Uhr) in der Kirche »Maria zur Höhe« in Paderborn statt. Der Eintritt ist frei. Es wird lediglich um eine Spende zugunsten der Brasilienhilfe gebeten.

Artikel vom 31.08.2006