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Ebenso verheerend ist die Aussicht, dass der
Iran schon bald die Atombombe
besitzen wird.

Leitartikel
Atomstreit mit Iran

Sanktionen
beeindrucken
Teheran nicht


Von Dirk Schröder
Seit nunmehr drei Jahren schwelt der Atomstreit mit dem Iran. Und gestern Abend ist erneut ein Ultimatum abgelaufen, das ohne Folgen für Teheran bleiben wird. Wieder einmal führt der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad die internationale Gemeinschaft an der Nase herum. Das ist natürlich keine Überraschung mehr, denn schon am Dienstag hatte der vor Selbstbewusstsein nur so strotzende Machthaber in Teheran deutlich gemacht, dass er zu Kompromissen oder gar zur Kapitulation nicht bereit ist.
Der Weltsicherheitsrat, das höchste UN-Gremium, sollte jetzt endlich damit aufhören, dem Iran noch mit weiteren Sanktionen zu drohen. Deren hat es genug gegeben, doch jedesmal ist es bei der Ankündigung geblieben.
Aus gutem Grund natürlich: Der amerikanische Präsident George W. Bush würde den seiner Meinung nach zur »Achse des Bösen« gehörenden Iran, wenn es schon militärisch nicht möglich ist, nur allzu gern mit wirtschaftlichem und diplomatischem Boykott stoppen. Doch solange Russland es sich mit dem Iran nicht verderben will und auch China mehr darauf bedacht ist, dass das Öl weiter ins Reich der Mitte fließt, bleiben die Ultimaten des Sicherheitsrates eine stumpfe Waffe, vor der sich Teheran nicht fürchtet.
Überhaupt eignen sich die angekündigten wirtschaftlichen Sanktionen nur äußerst eingeschränkt dazu, um den iranischen Machthaber vom Bau der Atombombe abzubringen. Die Abhängigkeit des Westens vom iranischen Öl und möglicherweise ins Unermessliche steigende Energiepreise sind der größere Trumpf.
Und den hält eben Ahmadinedschad in den Händen. Der sich zudem noch einen Spaß daraus macht, den amerikanischen Präsidenten zu verhöhnen, indem er ihn zu einem Fernsehduell herausfordert. Bush ist ja auch in einer misslichen Lage. Er hat immer gesagt, dass er es nicht zulassen werde, dass der Iran eines Tages die Atombombe besitzt. Nun muss er erkennen, dass dies nur noch eine Frage der Zeit ist.
Militärisch können die USA nicht im Alleingang handeln. Nach dem Krieg im Libanon und vor der jetzt geplanten Entsendung von Friedenstruppen wäre dies ein verheerendes Signal.
Es ist eine Zwickmühle. Denn ebenso verheerend ist die Aussicht, dass der unberechenbare iranische Führer schon bald die Atombombe besitzen wird. Kaum jemand bezweifelt dies noch.
Alle Indizien sprechen dafür. Erst vor wenigen Tagen hat er eine Fabrik zur Herstellung von schwerem Wasser eingeweiht. Dort fällt Plutonium als Abfallprodukt an, das zum Bau von Atomwaffen verwendet werden kann. Und zudem testete das iranische Militär noch eine neue Rakete.
Es ist ein gefährliches Spiel, das Ahmadinedschad treibt. Wenn sich der UN-Sicherheitsrat weiter selbst blockiert, wird er als Sieger daraus hervorgehen. Doch seien wir realistisch: Hat er dieses Spiel nicht längst gewonnen? Eine Vorstellung, die Angst macht.

Artikel vom 01.09.2006