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Mit 85 immer noch
wissensdurstig

Hermann Westerschwiensterdt feiert


Verl (mst). Wer Hermann Westerschwiensterdt besuchen will, der sollte Zeit mitbringen, denn der gebürtige Verler verfügt über ein immenses Wissen. Ob Heimatgeschichte oder das Geschehen im Ersten und Zweiten Weltkrieg - Hermann Westerschwiensterdt weiß detailliert und authentisch zu berichten und hat viele seiner Erfah-rungen bereits literarisch aufgearbeitet. Besondere Bedeutung misst er der plattdeutschen Sprache zu, die er im Elternhaus und vom Großvater lernte und die er täglich pflegt. Als Mitglied des Heimatvereins Verl gehört er zu den Referenten, die einen großen Zuhörerkreis erreichen. Heute vollendet er sein 85. Lebensjahr. Ab 11 Uhr sind in seinem Haus Gratulanten, Verwandte, Nachbarn und Bekannte herzlich willkommen.
Der Jubilar wurde Tischler und Zimmermann. Er ging zunächst zu Tischlermeister Heinrich Mühlenkord in Sende in die Lehre, bei dem er zur Erntezeit den Hobel oft gegen die Heugabel eintauschen musste. »Es war eine schöne Zeit, in der ich viel gelernt habe«, so der Hochbetagte. Doch Anfang 1941 wurde er zur Luftwaffe eingezogen und sattelte in den Heinkel-Flugzeug-Werken eine Ausbildung als Flugzeug-Mechaniker drauf. Später musste er dem Stellungsbefehl zum Fern-Kampf-Geschwader 40 folgen. Noch vor Kriegsende geriet der Verler in russische Gefangenschaft. 1946 kam er nach Tiflis (Georgien), wo er sehr kameradschaftlich mit den Georgiern in einer Großtischlerei zusammen arbeitete. Dabei verdiente er rund 650 Rubel im Monat. »Für Brot reichte es, doch Wurst war für uns so gut wie nicht bezahlbar.« Im freien Lagerausgang sah er im Opernhaus von Tiflis das Moskauer Ballett mit »Schwanensee« - für ihn bis heute ein ganz besonderes Erlebnis.
Erst 1949 sah er seine geliebte Heimat wieder. Als tüchtiger Fachmann fand Westerschwiensterdt schnell wieder eine Anstellung. Und auch familiär war das Glück an seiner Seite. 1956 gründete er mit der Oelderin Wilhelmine Dohr eine Familie, aus der zwei Kinder hervorgingen. Sie schenkten ihm vier Enkelkinder. Schmerzlich berührt den Jubilar noch immer der frühe Tod seiner Frau im Jahr 1988, denn mit ihr war er sehr verbunden.

Artikel vom 30.08.2006