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Mit Schirm und
Sonnenbrille
ins Mittelalter

Was Museumswärter alles erleben

Von Janina Köster
Paderborn (WV). Christel Sczepurek steht vor Eduard Schwoisers Gemälde »Heinrich IV. vor dem Burgtor zu Canossa«, ihrem Lieblingsstück der Canossa-Schau. Sie gehört zum umfangreichen Ausstellungs-Team und kümmert sich normalerweise um die Ausgabe der Mikrophonanlagen für die zahlreichen Ausstellungsführungen.

Etwa 80 Mitarbeiter sorgen in den drei Canossa-Ausstellungshäusern - der Kaiserpfalz, der Städtischen Galerie und dem Diözesanmuseum - täglich für einen reibungslosen Ablauf. In zwei Schichten stehen sie an den Garderoben und in den Führungen den Gästen zur Verfügung oder achten darauf, dass die oft sehr wertvollen Exponate gesichert sind.














Christel Sczepurek ist zuständig für die Garderobe und für den Ausleih von Headsets für Gruppenführungen in der Städtischen Galerie. Die 47-Jährige aus Paderborn hat großen Gefallen an ihrer Arbeit gefunden. »Schade, dass die Ausstellung zeitlich begrenzt ist. Ich würde gerne immer hier arbeiten«, bedauert sie. Ihrer Ansicht nach ist die Arbeit sehr angenehm: das Betriebsklima unter den Mitarbeitern sei sehr herzlich und der Kontakt mit den Besuchern durchweg positiv. »Manchmal kann es hier aber auch sehr hektisch werden. Wenn drei Gruppen gleichzeitig eintreffen, helfen die Museumsführer schon mal kräftig mit«, so Christel Sczepurek.
Die Museumsführer sind für ihren Job gewissenhaft ausgebildet. Schon im Februar begann die Museumspädagogin Simone Buckreus mit der Schulung vorwiegend von Studenten und Stadtführern. In Vorträgen zu wichtigen Themenschwerpunkten haben sie die Grundlagen dessen, was sie den Besuchern näher bringen sollen, erlernt. »Die Aufwärmphase ist vorbei, mittlerweile sind die Gruppenleiter ein tolles Team, die sich problemlos absprechen«, berichtet die 30-jährige Pädagogin. So sind sie selbst großem Ansturm gewachsen, da wochentags bis zu 30 Führungen auf dem Programm stehen, am Wochenende sogar fast doppelt so viele.
Bei großen Besucherzahlen hat auch Theo Nientiedt alle Hände voll zu tun. Er ist der Mann, der alles im Blick hat. Seitdem der Aufbau, an dem der gelernte Tischlermeister tatkräftig mitgeholfen hat, beendet ist, arbeitet er als Aufsichtskraft. »Anfangs haben wir nicht geglaubt, dass wir bis zum Eröffnungstag fertig würden«, sagt er in Erinnerung an die hektische Zeit. »Ich glaube, als die ersten Besucher kamen, war die Farbe an den Wänden noch nicht ganz trocken.«
In den ersten Wochen war es relativ ruhig in der Kaiserpfalz. Seit Beginn der Schulzeit hat sich dies jedoch geändert. »Jetzt ist deutlich mehr Kontrollbedarf. Gestern hatten wir zum Beispiel fünf oder sechs Schulklassen zu Gast - und das wird sich noch steigern!«, so der 42-Jährige, der sein wachsames Auge durch die gesamte Ausstellung in der Kaiserpfalz schweifen lässt. Wachsamkeit ist Grundvoraussetzung in dem Job.
Auch Eva Buschhaus zeigt als Sicherheitskraft ständige Präsenz. »Es kommt beinah täglich vor, dass ich jemanden ermahnen muss, der - oft nur unbewusst - ein Exponat anfasst«, erzählt die Geschichtsstudentin. Lustige Geschichten erleben die Angestellten immer wieder. Das kann schon damit anfangen, dass Gäste im Regen kamen, ihren Schirm an der Garderobe abgaben und angesichts des Sonnenscheins beim Verlassen des Gebäudes den Schirm vergaßen. »Unser Personal bringt den Sonnenschein eben mit«, lacht Sczeporek.
Kurioser geht es aber auch. »Ein älterer Herr mit dicker Brille kam letztens in die Eingangshalle und starrte unseren Sicherheitsmann an. Er rückte näher und näher und meinte plötzlich ganz überrascht: Huch, Sie sind ja echt!« grinst Margot Melzer, die für die Koordination zuständig ist. Immerhin handelt es sich ja in Paderborn nicht nicht Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett.
Eine andere Anekdote weiß Theo Nientiedt zu berichten: »Einmal beschwerte sich jemand, es könnte in der Ausstellung ruhig etwas heller sein. Als ich vorschlug, er könnte auch die Sonnenbrille abnehmen, war er ganz perplex!« Momente, die der Arbeit eine lustige Note verleihen und die durch den engen Kontakt zwischen den Besuchern und Mitarbeitern erst ermöglicht. Vermutlich werden sich derartige Szenen noch häufen, denn bis die Ausstellung im November geschlossen wird, kann noch viel passieren.

Artikel vom 30.08.2006