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Messerattacke
vor Gericht

Ist der Angeklagte das Opfer?

Von Ingo Schmitz
Stahle/Paderborn (WB). Der versuchte Totschlag in Stahle vom 9. Oktober vergangenen Jahres bleibt weiter rätselhaft. Beim gestrigen Prozessauftakt fehlte vom Angeklagten Ralf K. (42) jede Spur.

Das Paderborner Schwurgericht unter Vorsitz von Richter Bernd Emminghaus sowie Staatsanwalt Dietmar Sauerland und Verteidiger Detlef Binder (Bielefeld) warteten gestern vergebens auf den 42-jährigen Arbeitslosen, dem die Bluttat zur Last gelegt wird. Der Angeklagte soll den 62-jährigen Rentner Ferdinand Koenders aus Höxter mit einem Küchenmesser niedergestochen haben. Nur durch viel Glück überlebte das Opfer. Die Hintergründe für die Tat liegen im Dunkeln. Möglicherweise könnte aber der Streit um eine Dreiecksbeziehung eskaliert sein.
Da Ralf K., der sich bislang auf freiem Fuß befand, nicht im Gerichtssaal auftauchte, sollte ihn die Polizei auftreiben -Êohne Erfolg. Sie traf ihn nicht an seiner Wohnung in Holzminden an. Nun soll der Prozess am 8. September stattfinden. Der Richter erließ Haftbefehl gegen den 42-Jährigen. Damit soll sichergestellt sein, dass der Angeklagte in der kommenden Woche auf der Anklagebank sitzt.
Wie zuletzt am 2. August berichtet, wurde die Bluttat in Stahle verübt. Dort soll es in der Wohnung von Ralf K., der hier mit einer 43-Jährigen sowie einige Zeit auch mit dem Rentner zusammen lebte, zu der blutigen Auseinandersetzung gekommen sein. Der Verletzte rettete sich nach dem ersten Messerstich auf die Straße, wo der Angeklagte erneut zugestochen haben soll. Der Schwerverletzte alarmierte selbst die Polizei.
Verteidiger Detlef Binder erklärte im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT, dass sein Mandant die Tat bestreite: »Ralf K. sieht sich als Opfer einer Verschwörung.« Ralf K. habe ausgesagt, dass die 43-Jährige und der Rentner gemeinsam geplant hätten, ihn umzubringen. Am Tattag habe Ferdinand Koenders eine Axt -Êsie wurde übrigens ebenso wie das Tatmesser von der Polizei sichergestellt -Êmit in die Wohnung gebracht. Im letzten Moment habe es sich die 43-Jährige allerdings anders überlegt.
»Nach Aussage meines Mandanten sah sie wohl keine andere Chance, als Ferdinand Koenders mit den Messerstichen außer Gefecht zu setzen, um ihn von der Tat abzubringen«, berichtete Binder. In den ersten Vernehmungen habe das vermeintliche Opfer gegenüber der Polizei zunächst keine Angaben gemacht. Später habe der Rentner ausgesagt, »dass die Frau definitiv nicht zugestochen« habe. Daher habe man den Haftbefehl gegen sie aufgehoben. Da die Aussage des 62-Jährigen nur eingeschränkt glaubwürdig war, wurde wenig später auch der Haftbefehl gegen Ralf K. aufgehoben.

Artikel vom 30.08.2006