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Lebensrettende Stiche mit Gift

Karl-Hansen-Klinik hilft jedes Jahr 200 Bienen- und Wespenallergikern

Von Bernhard Liedmann
(Text und Fotos)
Bad Lippspringe(WV). Hochgereinigtes Gift in Raten und zur »Nagelprobe« ein Wespenstich. Gerade in der jetzigen Jahreszeit sind die Wespen für viele nicht nur einige Plage, sondern können für bis zu 20 Prozent der Bürger sogar zur Lebensbedrohung werden. Für sie gibt es an der Karl-Hansen-Klinik in Bad Lippspringe Hoffnung.

Mit regelrechten Giftspritzen werden Allergiker gegen den Angriff von Wespen und Bienen »gewappnet«. Wer auf Nummer sicher gehen will, wird unter strikter medizinischer Beobachtung sogar von einer Wespe gestochen. »Ein allergischer Schock, Herzrasen, Atemnot und Blutdruckabfall bis zur Bewusstlosigkeit sind Alarmsignale, spätestens dann sollte eine Hyposensibilisierung erfolgen«, so die Leitende Ärztin der Karl-Hansen-Klinik und Privatdozentin Dr. med. Susanne Lang (48). Pro Jahr werden etwa 200 Patienten in dem Allergiezentrum behandelt, nach einem Haut- und Bluttest, die die entsprechende Allegerie nachweisen, folgt die stationäre Behandlung: Über fünf Tage wird den Patienten mehrfach täglich Bienen- oder Wespengift gespritzt, die Konzentration wird dabei immer mehr gesteigert.
»Bei einem mormalen Stich gelangen bis zu fünf Mykrogramm Gift in den Köper, 100 Mykrogramm sind unser Ziel«, so die Ärztin zu der Gewöhnung des Immunsystems an den Allergieauslöser. Dabei werden die Patienten natürlich intensiv auf Reaktionen überwacht. Danach schließt sich die »Erhaltungstherapie« an, bei der alle vier Wochen über mehrere Jahre einmalig immer wieder die Höchstdosis gespritzt wird. »Eine Gewöhnungssache wie bei einem Imker, der lebenslang gestochen wird«, so auch Dr. Hartmut Gimm (51). Die Erfolgsquote liegt bei 90 bis 100 Prozent.
Um sicher zu gehen, können sich die Allergiker nach einem halben Jahr auf der Intensivsatation durch eine richtige Wespe oder Biene stechen lasssen. Dabei wird dem Patienten sicherheitshalber eine Kanüle gelegt, ein kleines Holzkästchen mit dem Insekt kommt auf den Unterarm, dann folgt durch das Metall-Gitter der »Provokationsstich«. »Er soll dem Patienten die zusätzliche Sicherheit geben«, so Susanne Lang.
Bis zu 7000 Euro kostet die Behandlung, die von den Kassen übernommen wird, gerechtfertigt, weil bei diesen Bienen- und Wespenallergikern »das Problem der Lebensgefahr besteht«, so die Ärztin und diagnostiziert einen steigenden Behandlungsbedarf. Ein Grund dürfte das wärmer werdende Klima in der Region sein.

Artikel vom 30.08.2006