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Ein Konzert so bunt wie das Leben

Auftakt von Con spirito: Vokalgruppe »Drops« besticht durch professionelle Leichtigkeit

Von Kathrin Kröger (Text und Foto)
Westerenger (EA). Ein erstklassiger Sänger vermag alles zu besingen. Und sei es Blumenkohl mit Schweinefleisch. Den Beweis lieferte das Vokalquartett Drops, das am Samstag und Sonntag in der Kirche Westerenger gastierte und die dritte Saison der erfolgreichen Konzertreihe »Con spirito« (»mit Geist«) einleitete.

Lieder aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts standen auf dem Programm, und es war ein Genuss auf der ganzen Linie - ein überaus beschwingter Auftritt, der Lebensfreude pur vermittelte. Zwar waren die ausgebildeten Musiker stilecht in einen Frack im klassischen Schwarz gewandet, doch als Accessoire mit Symbolkraft nahm sich der jeweilige Kummerbund der Künstler aus: jeder in einer anderen fröhlichen Bonbon-Farbe. Wobei der Name des Quartetts ursprünglich von der Süße der Harmonik herrührt, die die Barbershop Songs (»Mister Sandman«, »Hello, Dolly«) bestimmen und die Teil des umfangreichen Repertoires sind. In Westerenger kam das Publikum in den Genuss von Schlagern, Chansons, Klassikparodien und Stücken der Comedian Harmonists, die in Drops einen mehr als würdigen Nachfolger gefunden haben.
»Sing ein Lied, wenn du mal traurig bist« bildete den schwungvollen Beginn des Konzertes, das bis zum letzten Ton kurzweilig bleiben sollte. Begleitet von dem Mann am Flügel, Michael Seewann, zeigten sich Hans-Ulrich Henning (Tenor), Georg Thauer (Tenorbariton), Volker Schrewe (Bariton) und Hans-Peter Bendt (Bass) in Höchstform. Doch wer sagte, jede Note hätte gesessen, würde Drops bei weitem nicht gerecht. Es stimmte einfach alles: Jede Mimik, jede Gestik, jede schauspielerische und tänzerische Einlage. Zwar war die Zuhörerzahl am Sonntag wesentlich geringer als beim ausverkauften Konzert am Samstagabend, doch auch beim zweiten Auftritt sprang der Funke über. In den Gesichtern des Publikums, das vom Schulkind bis zum Senior reichte, war Begeisterung zu sehen. Mitunter wurde es direkt miteinbezogen. So bot Hans-Peter Bendt als glückloser kleiner Reisender aus einem Köfferchen Textilien feil. Sehr amüsiert war eine Dame in der ersten Reihe, als sie musikalisch umworben wurde. »Lass mich dein Badewasser schlürfen« hieß das Lied, dem es ebenfalls nicht an der optischen Aufbereitung fehlte. Zum schwarzen Frack trug man Badekappe.
Ideenreichtum und Humor prägten das Konzert. Wer hätte gedacht, dass sich Mozart mit Lili Marleen verbinden ließe? Michael Seewann machte es möglich. Mehr noch, er spielte das Chanson a la Robert Schumann, Johannes Brahms und Johann Strauß.
Auch das Gefühl fand seinen Platz, und einmal mehr wurden Erinnerungen an die »gute alte Zeit« geweckt. »Ach, wie schön ist die Liebe in der Milchbar« sangen die Herren und philosophierten darüber, wie viel kultivierter es damals doch gewesen sei, sich einem weiblichen Wesen anzunähern.
Selbstredend intonierte das Quartett, das seit 1980 besteht und bei nahezu allen öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten Deutschlands konzertiert, auch Bekanntes der Comedian Harmonists. So durfte »Mein kleiner grüner Kaktus« nicht fehlen. Nach knapp zwei Stunden inklusive Zugaben war die nostalgische Musikreise vorbei. Als Dankeschön gab es Blumen - ganz ohne Stacheln.

Artikel vom 29.08.2006