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Pflaster muss nachgebessert werden

Altstadt: Kritik der Behindertenverbände - Kante entspricht nicht DIN-Norm

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Die Altstadt-Plasterung muss erneut nachgebessert werden. Jedenfalls, wenn es nach den Behindertenverbänden geht. Die Gruppen bemängeln, dass Blinde und Sehbehinderte von der Pflasterkante (»Rinne«) nur ungenügend geleitet werden und dass diese Orientierungshilfe auf dem Alten Markt komplett fehlt.

Die Verwaltung räumt ein, dass die Pflasterkante als Führstreifen einen Zentimeter zu niedrig ist, um der DIN-Norm zu entsprechen: Er ist nur zwei, nicht drei Zentimeter hoch. Und das erschwert das Ertasten des Weges mit einem Stock. Das Rathaus billigt den Kritikern auch zu , dass es an den Fußgängerüberwegen Hagenbruchstraße und Ritterstraße keine fühlbare Möglichkeit für Blinde gibt, zu bemerken, dass sie eine Fahrbahn überqueren. Geriffelte Platten, wie sie etwa an Bus- und Stadtbahnhaltestellen Standard sind, fehlen.
Es gebe bislang noch keine »abgestimmte Verwaltungsmeinung«, wie man zu einer befriedigenden Lösung kommen könne, ohne viele Meter Steine austauschen zu müssen, heißt es im Rathaus. Zumal bauliche Veränderungen Mehrkosten verursachten, die allein von der Stadt getragen werden müssten.
Eine Möglichkeit, mehr Behindertenfreundlichkeit zu erzielen, könnte das Verlegen so genannter Schlitzplatten quer über den Alten Markt sein; alternativ könnten in bereits verlegte Platten ein Muster zur Orientierung eingefräst werden. Geriffelte Platten könnten zudem rechts und links der beiden Fußgängerüberwege verlegt werden. Ein barrierefreier, behindertengerechter Ausbau ist bei Neubaumaßnahmen Vorschrift.
Vertreter des Behindertenbeirates und der Behindertenverbände wurden von der Stadt bereits in der Planungsphase mit hinzu gezogen. Es gab neben gemeinsamen Sitzungen etwa im Lenkungsausschuss mehrere Ortstermine.
Als zuständiger Dezernent betont Gregor Moss, er zolle den Behindertenvertretern großen Respekt, weil sie häufig bereit gewesen seien, ihre Interessen dem Gemeinwohl unterzuordnen. Die Sanierung der Fußgängerzone sei ohnedies ein »Prozess von Kompromissen«. Man habe sich stets an der Frage orientiert, wie weit man Interessen entgegen kommen könne, ohne das Gesamtbild zu stören: »Es gab immer einen sorgfältigen Abwägungs- und Entscheidungsprozess.« Das gelte auch für die Standorte der Ruhebänke. Behindertenvertreter kritisieren, dass die Bänke in die Führkante hineinragen. Auch die Position der Bänke, so Moss, sei das Ergebnis von Kompromissen und immer in Absprache mit sämtlichen Betroffenen erfolgt.
Die Fußgängerzone war am 12. November 2005 eingeweiht worden. Die Arbeiten inklusive des Verlegens der 530 000 Steine kostete 3,8 Millionen Euro.

Artikel vom 29.08.2006