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Für Beifahrer kam jede Hilfe zu spät

Spenger nach tödlichem Verkehrsunfall zu Bewährungsstrafe und Sozialstunden verurteilt

Von Wolfgang Clemm
Lenzinghausen (SN). In den frühen Morgenstunden des 12. Februar verunglückte auf der Bielefelder Straße in Spenge in einer leichten Rechtskurve ein Polo in Fahrtrichtung Spenge-Mitte. In Höhe der Hausnummer 70 steuerte der Pkw geradeaus, kollidierte mit einem Randstein, überschlug sich zweimal horizontal und einmal vertikal, durchbrach einen Zaun, mähte einen Baum ab und landete kopfüber zwischen einem zweiten Baum und der Wand des Hauses Nr. 64.

»Da hängt etwas in der Luft zwischen Mauer und Baum, was einmal ein Auto gewesen ist«, kommentierte der Vorsitzende Richter Dieter Bollhorst gestern in der Sitzung des Jugendschöffengerichts betroffen. Die beiden 18-jährigen Insassen aus Spenge hingen noch in ihren Gurten, der Fahrer Detlef R. (Namen geändert) kam ohne jeden Kratzer oder blauen Fleck davon.
Sein Freund und Beifahrer Bernd M. erlitt dagegen schwerste Kopfverletzungen, die Leber zerplatzte und das Opfer verstarb kurz nach Eintreffen des Rettungswagens um 5.01 Uhr an seinen inneren Verletzungen.
Der Fall hatte auch deshalb für erhebliche Aufregung gesorgt, weil der Rettungswagen, wie Recherchen der SPENGER NACHRICHTEN ergaben, versehentlich zuerst zur Bielefelder Straße in Herford und nicht in Spenge dirigiert worden war.
Inzwischen ist aber unstrittig, dass auch ohne die dadurch hervorgerufene zeitliche Verzögerung der tragische Tod nicht zu vermeiden gewesen wäre. Bei Detlef R. wurde 90 Minuten nach dem Unfall noch ein Blutalkoholgehalt von 1,95 Promille festgestellt. Sein Führerschein, den er erst einige Monate zuvor erworben hatte, wurde ihm sofort abgenommen.
Eine Realschul-Projektgruppe konnte beim Jugendschöffengericht miterleben, dass der Angeklagte auch heute noch sichtlich sehr stark unter seinem Fehlverhalten und den schrecklichen Folgen des Unfalls leidet.
Auf Antrag von Staatsanwalt Eberhard Leschhorn, dem sich im Wesentlichen auch Verteidiger Wolfhard Schumann aus Rödinghausen anschloss, setzten Richter und Schöffen ein Jahr Jugendstrafe für drei Jahre zur Bewährung aus. Detlef R. muss außerdem noch mindestens ein Jahr auf eine neue Fahrerlaubnis warten und nach Anweisung eines hauptamtlichen Bewährungshelfers 250 gemeinnützige Sozialstunden ableisten, um »etwas von der Schuld buch-stäblich abzuarbeiten.« Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.

Artikel vom 29.08.2006