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Unterhaltung mit Witz und Charme

Couplets von Otto Reutter bei »Musik im Park« dargeboten


Rahden (lip). »Gestern habe ich eine ganze Nacht durchgelacht«, soll Tucholsky begeistert nach seiner Lektüre von Eugen Roth geschrieben haben. Den zahlreichen Besuchern im Herrensaal des Schlosses Rahdens ging es nach der KUL-TÜR-Vorstellung am Samstag wohl genauso.
Dort traten Ursula und Hubertus Grunewald zusammen mit Detthard Wittler auf und boten Couplets von Otto Reutter dar. Auch wenn einige der Stücke vor achtzig Jahren geschrieben wurden, zeigte sich, wie aktuell die glossierten Typen geblieben sind. Ein Thema, das wohl an brisanter Aktualität verliert, ist der so genannte Geschlechterkampf. Vielleicht meinte ja mancher Ehemann, seine Ehe hätte Parallelen zum dem ironisch-klagenden Couplet »Ich habe zu viel Angst vor meiner Frau«: »Am Standesamt noch wollte nein ich sagen, da traf ihr Blick mich streng und scharf und rau, ich sagte ja mit zittern und mit Qualen, ich habe zuviel Angst vor meiner Frau.«
Und wer hat sich noch nicht selbst über das Arbeitstempo so mancher Handwerker aufgeregt, wie es in der Parodie »Der gewissenhafte Handwerker« getan wird? Das Publikum, dessen Andrang größer als erwartet war - es mussten noch kurz vor der Aufführung Sitzreihen im ohnehin schon vollen Saal aufgestellt werden - kam aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und auch die Künstler hatten Freude. Ursula Grunewald begleitete ihren Mann am Klavier. Er sang mit bewundernswerter Vitalität und Energie Reutters Werke und Typenüber einen Zaitraum von mehr als zwei Stunden .
Nicht selten wurde er begleitet vom herrlichen Schauspiel Detthard Wittlers, der bestens aufgelegt mit viel Witz durch den Nachmittag führte, und das Musikalische mit Literarischem von Eugen Roth ergänzte: Eine Krankenkasse teilte mit, nicht bezahlen zu wollen, und schrieb zudem »Dass er vermutlich übersah, Dass alle Kassen, selbst in Nöten, Den Beitrag leider stark erhöhten, Und dass man sich, mit gleichem Schreiben, Gezwungen seh, ihn einzutreiben.« Wenn das nicht zeitlos ist!
Dem Trio ist aber - neben pointiertem Vortrag - hoch anzurechnen, die Vielseitigkeit der zeitweise genialen Autoren gezeigt zu haben. Zwar gilt Otto Reutter sicherlich als »ungekrönter König des Witzes« (Wittler), doch sang Grunewald mit »Ich möchte erwachen, bei Sonnenschein«, dem gefallenen Sohne gewidmet, ein bedrückendes Couplet, das zu Herzen ging. So träumt er von seinem Enkel und fügt am Ende bitter hinzu: »Er ruht in Frankreich - ich leb' noch heut«.
Am Ende folgte noch ein gut gemeinter Ratschlag von Hubertus Grunewald - wohl in eigener Sache - an die anwesenden Damen (»Neh'm Se'n Alten...«). Den Wunsch nach einer Zugabe erfüllten die Künstler gerne. Eine bewundernswerte Vorstellung inklusive großer Leistung der Akteure nahm ihr Ende.

Artikel vom 29.08.2006