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Das Wort zum Sonntag

 Von Pfarrerin Antje Eltzner-Silaschi


Haben Sie schon einmal über die Bedeutung des Wortes »Hochmut« nachgedacht? Eigentlich wirkt dieses Wort etwas angestaubt. Es wird in der Umgangssprache kaum noch verwendet. Würden wir nach sinnverwandten Worten suchen, kämen uns wohl die Worte »Arroganz«, »hochnäsig« oder »besserwisserisch« in den Sinn. Eine schöne Beschreibung für Hochmut habe ich bei dem Schriftsteller Pascal Mercier gefunden. Er formuliert: »Von einem inneren Hochsitz aus die Welt betrachten. Ja, das scheint mir eine treffende Definition für Hochmut zu sein.
Für einen Jäger ist ein Hochsitz der Stand, von dem aus er das Wild beobachtet, ohne in Gefahr zu sein, bemerkt oder angegriffen zu werden - eine sichere Position zum möglichen Angriff. Wo also nehmen wir Platz auf dem inneren Hochsitz? Ach nein, das tun ja nur die anderen.... Da fordert ein Politiker in einem Interview in seinem Ferienhaus an der Cote dĀ«Azur, dass die Deutschen auf ihren Urlaub verzichten sollen. Oder: Die Pop-Ikone Madonna stellt sich in ihrer Show am Kreuz mit Dornenkrone dar. Sicher, all das sind Beispiele, in denen der Hochmut eine Rolle spielt. Aber frei sind wir alle nicht davon, auch wenn wir unseren Hochsitz nicht in aller Öffentlichkeit einnehmen. Die oben geschilderten Beispiele hinterlassen einen schlechten Nachgeschmack, verletzen religiöse Gefühle oder treten die mit Füßen, die sich ihren Urlaub hart verdienen oder sich noch nie Urlaub leisten konnten.
Im Wochenspruch der kommenden Woche heißt es: »Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.« (1. Petrus 5, 5b). Ein Theologe hat einmal gesagt, Hochmut sei die eine Spielart der Sünde und Trägheit die andere. In unserem Wochenspruch erscheint nun das Wort Demut. Das ist aber nicht im Sinne eines Gegensatzes gemeint. Im Zusammenhang des Neuen Testaments erscheint dieses Wort eher für die Armen, die Niedrigen, für die sozial im Abseits Stehenden, für die, die erniedrigt werden. Das ist etwas anderes als das Gegenteil von Hochmut. Demut hat nichts zu tun mit Selbsterniedrigung oder Trägheit, die ja letztlich auch Flucht vor Verantwortung ist. Demut ist Nachfolge Christi, die sich auf Augenhöhe mit denen begibt, deren Leben von den Herrschenden mit Füßen getreten wird.
Am Leben Jesu wird deutlich, was Demut eigentlich heißt. Er ließ sich auf Menschen ein, mit denen sonst keiner sprach. Er hatte einen Blick für die Gebeugten, die Schwachen, für die, die sich nichts mehr zutrauten und sich aufgegeben hatten. Das ist ein ganz anderer Führungsstil als der, den wir alle in unserem Alltag kennen. Aber - so sagt es der Wochenspruch - auf solcher Demut liegt Gottes Gnade, was soviel heißt wie: Das verhilft einer Gemeinschaft zu Mitmenschlichkeit und Gerechtigkeit und macht uns alle sensibler für die Menschen um uns herum.

Artikel vom 26.08.2006