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Vom »Wilden« zum sozialen Wesen

Neue Ausstellung im Dobergmuseum setzt sich mit dem »Mythos Neandertaler« auseinander

Bünde (hr). Als Steinbrucharbeiter 1856 im Neandertal bei Mettmann Knochenreste entdeckten, waren sie sich über die Tragweite ihres Fundes sicher nicht im Klaren. Was sie in den Hände hielten, waren die fossilen Skelettreste eines Frühmenschen: des nach seinem Fundort benannten Neandertalers. Ihm ist eine Ausstellung gewidmet, die vom 3. September an im Dobergmuseum gezeigt wird. »Mythos Neandertaler« lautet der Titel dieser Präsentation, in der mit vielen Vorurteilen, die auch heute noch das Bild vom Neandertaler bestimmen, aufgeräumt wird.
»150 Jahre nach diesem historischen Fund gilt 2006 als das ÝNeandertaler-JahrÜ. Wir freuen uns deshalb sehr, diese Ausstellung im Dobergmuseum zeigen zu können«, erklärte am Freitag Museumsleiter Michael Strauss. Mehr als 50 Fundstücke werden dabei in sieben Vitrinen zu sehen sein. Neben den Nachbildungen von fast zwei kompletten Skeletten gehören dazu auch zehn rekonstruierte Schädel. »Dabei handelt es sich um Originalabgüsse der eigentlichen Fundstücke«, betonte der Museumsleiter. Besonders spektakulär dürfte die vollständige Nachbildung eines Neandertalers sein - die Figur stand jahrelang im Neandertal-Museum. Diese Rekonstruktion verweist gleich auf einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung: das Bild vom Neandertaler im Wandel der Zeit. Seit dem Fund im Jahr 1856 kursierten die seltsamsten Vorstellungen davon, wie dieser Frühmensch ausgesehen haben müsste. Eine gebückte Körperhaltung, die Keule in der Hand - dieses Bild vom Neandertaler prägte über viele Jahrzehnte hinweg die Vorstellung auch in der wissenschaftlichen Diskussion. Schuld daran war ein Knochenfund, der 1908 in Frankreich gemacht wurde. Dabei handelte es sich um das Skelett eines Neandertalers, der aufgrund seines hohen Alters an Knochenkrankenheiten litt. Als Ergebnis der Rekonstruktion kam ein Wesen von erschreckender Brutalität und Wildheit heraus - eben der Keulen schwingende, gebückte Urmensch. Das im Dobergmuseum gezeigte Modell aus dem Jahr 1970 ist eines der ersten, das den Neandertaler menschlich darstellt.
»Erst in den vergangenen Jahrzehnten geht es nicht mehr nur um die Funde als solche, sondern Lebensumstände und Umwelt werden ebenfalls in Betracht gezogen«, informierte Museumleiter Michael Strauss. Also ein Wandel vom »Wilden« hin zum sozialen Wesen. Die Lebensumstände dieser Frühmenschen sollen im Dobergmuseum auch entsprechend berücksichtigt werden. So gibt es die »Inszenierung« eines Zeltumrisses, der das Umfeld einer Neandertalerfamilie rekonstruiert.
Eröffnet wird die Ausstellung »Mythos Neandertaler« am Sonntag, 3. September, um 10 Uhr. Eine offizielle Einweihung ist allerdings nicht vorgesehen - die Ausstellung soll für sich sprechen.

Artikel vom 26.08.2006