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Altes Fachwerkhaus
schwebt 50 Meter

Wolfgang Auler erfüllt sich Kindheitstraum

Von Meike Oblau
Rietberg-Neuenkirchen (WB). »Jetzt kann ich wieder ruhig schlafen.« Wolfgang Auler ist erleichtert. Soeben hat ein Spezialkran das Gerippe des Fachwerkhauses am Alten Postweg, das er gekauft hat, problemlos in die Luft gehoben und um 50 Meter versetzt.

Der Verler und seine Ehefrau Carola erfüllen sich in Neuenkirchen ihren großen Traum. »Schon als Kind wollte ich unbedingt in einem Fachwerkhaus wohnen«, erinnert sich Wolfgang Auler. Vor fünf oder sechs Jahren packte ihn dann der Ehrgeiz. »Ich bin hier einfach mal durch die Gegend gefahren und habe dann am Alten Postweg ein Haus entdeckt. Dann habe ich bei den Nachbarn, bei Familie Roggenland, geklingelt, um zu fragen, wem das Fachwerkhaus gehört. Und plötzlich sagte Hubert Roggenland zu mir, dass ich mir doch mal sein Haus ansehen solle.« Da es schon dunkel war, kam Auler am nächsten Tag wieder. Und er verliebte sich sofort in das Geburtshaus von Hubert Roggenland. Seit 30 Jahren stand es bereits leer, Roggenlands hatten direkt davor neu gebaut.
Es zogen ein paar Jahre ins Land, bis jetzt endgültig »Nägel mit Köpfen« gemacht wurden. Seit vergangenem Oktober entkernte die Familie das Haus. »Da das Haus unter Denkmalschutz steht, mussten wir strenge Vorschriften beachten«, berichtet Auler. Als nur noch das Fachwerkgerippe stand, begab sich die Druffeler Firma Drücker und Schnitger daran, die schadhaften Balken zu restaurieren. Das Haus stammt aus dem 18. Jahrhundert. »Es gibt Vermutungen, dass das Haus einmal die alte Poststelle gewesen ist, wo die Kutscher auf dem Weg zur Post in Lippstadt übernachtet haben. Daher könnte auch der Name der Straße, Alter Postweg, stammen. Einwandfrei historisch belegt ist diese Vermutung aber nicht«, schildert der neue Besitzer.
50 Meter hinter dem ehemaligen Standort entsteht das historische Haus nun neu. Die Firma Thomas Steiner hat den Keller bereits errichtet, gestern nun wurde das Fachwerkgerüst hier aufgesetzt. »Eigentlich war geplant, dass wir das Haus komplett abbauen und an der neuen Stelle dann wieder aufbauen. Aber das ging nicht, also musste ein Kran her«, so Auler. Eine Last von 21 Tonnen hatte der große Peterburs-Kran zu stemmen, an mehreren dicken Seilen schwebte das Haus 50 Meter bis zu seinem neuen Standort. Mit Herzklopfen beobachteten Wolfgang und Carola Auler das Szenario: »Hinter dieser Hausversetzung verbergen sich natürlich nicht unerhebliche Gefahren. Das ist nicht alltäglich.« Doch unter den Augen vieler Schaulustiger, die sogar mit Kaffee und belegten Brötchen versorgt wurden, klappte alles wie am Schnürchen. Nur wenige Minuten lang schwebte das Gebäude in der Luft und wurde einmal im Halbkreis auf seinen neuen Standort verfrachtet, natürlich passgenau auf den zuvor errichteten Keller. Mit Fotoapparat und Videokamera begleitete Wolfgang Auler den Umzug seines Traumhauses. Die Bilder sind auch für Sohnemann Alexander bestimmt: »Der war ein bisschen traurig, dass er nicht dabei sein konnte. Aber er muss heute die Schulbank drücken«, so sein Vater. Derzeit lebt die Familie noch in Verl, Auler schätzt, dass der Umzug ins neue Heim in etwa einem Jahr vollzogen werden kann. Dann werden der dreiköpfigen Familie inclusive eines noch zu errichtenden Anbaus 170 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung stehen. Gespannt beobachtete gestern übrigens auch Renate Roggenland, was mit dem Geburtshaus ihres inzwischen verstorbenen Mannes passierte: »Ich hätte nie gedacht, dass man so einfach ein Haus versetzen kann«, staunte sie.

Artikel vom 26.08.2006