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Die Augen dürfen sich
jetzt wieder sattsehen

Historisches Grünes Gewölbe vor der Wiedereröffnung

Von Simona Block
Dresden(dpa). Elf Monate nach der Weihe der wiederaufgebauten Frauenkirche feiert Dresden die Rekonstruktion des Historischen Grünen Gewölbes. Mit der Eröffnung des barocken Teils am 1. September ist nach 64 Jahren das einzigartige Museum wieder komplett.

»Das Auge sieht sich nimmer satt, sagt Salomon in seinen Sprüchen. Ach, dass er Dresden nicht gesehen hat!« schrieb der hessische Leibmedicus Daniel Wilhelm Thriller nach einem Besuch der königlichen Schatzkammer in Dresden im 18. Jahrhundert. 61 Jahre nach dem Untergang im Zweiten Weltkrieg ist das Historische Grüne Gewölbe im Dresdner Schloss nun im alten Glanz wiedererstanden. Unter Verwendung von Originalteilen rekonstruiert präsentiert sich das barocke Schatzkammermuseum des legendären Kurfürst-Königs August des Starken (1670-1733) im Stil von 1733 am Ursprungsort.
Architekten, Bauleute, Handwerker, Restauratoren und Kuratoren haben den acht historischen Räumen in vier Jahren Arbeit die einstige Pracht zurückgegeben. Mit der modernen Präsentation von Meisterwerken aus der königlichen Schatzkammersammlung in der Bel Etage darüber können die Staatlichen Kunstsammlungen nun erstmals seit 1942 alle 4000 Stücke aus dem Bestand des weltbekannten Museums zeigen.
Der Ausbau der Räume der »Geheimen Verwahrung« zum Schatzmuseum war in den 1720er Jahren ein »Politikum«, August der Starke der erste Herrscher, der seinen Reichtum ausstellte. »Er hat verstanden, welche Kraft ein Museum hat«, sagt Museumsdirektor Dirk Syndram. Der Monarch schuf ein spätbarockes Raumkunstwerk, in dem auf zahlreichen Konsolen und Tischen freistehende Objekte mit der festlichen Architektur in einzigartigem Zusammenklang erschienen. »Für das 18. Jahrhundert war diese umfangreiche Öffnung einer Schatzkammer ohne Beispiel.«
Die Renaissance der acht Räume sowie die Einrichtung der barocken und der modernen Schatzkammer ließ sich der Freistaat etwa 45 Millionen Euro kosten. Fast ein Jahrzehnt haben Restauratoren die meist im Depot verborgenen Exponate geprüft, repariert und poliert. Eintritt wie Austritt der »begehbaren Vitrine« erfolgen durch Schleusen, die der Luft-Reinigung und Sicherheit dienen.
Zur Neuinszenierung der Schatzkammer gehören zwei kleinere Räume, die als ästhetische Übergänge den Besuch der ungewohnten barocken Pracht erleichtern sollen. Im Bernsteinkabinett strahlt im Halbdunkel honiggelb das »Gold der Ostsee« und schafft die Verbindung zur Welt des 18. Jahrhunderts. Hinter einer goldverzierten Eisentür beginnt die »dramatische Inszenierung«, an der der Fürst zu Lebzeiten Gäste teilhaben ließ.
August der Starke hatte die sich von Raum zu Raum steigernde Pracht ersonnen: vom Elfenbein über das pure und vergoldete Silber bis zum mit Kunstwerken fast überfüllten Pretiosensaal und - mit optischer Pause - das krönende Juwelenzimmer mit dem »Kronschatz« der Wettiner.

Artikel vom 26.08.2006