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Pfarrer Uwe Schneider ist Krankenhausseelsorger am Klinikum des Kreises Herford.

Gedanken zum Wochenende

Von Pfarrer Uwe Schneider


Gedanken am Ende eines Fernsehabends: Die Strompreise sollen steigen, 3 Prozent Mehrwertsteuererhöhung stehen ins Haus. Alles wird teurer. Die Ärzte streikten und die Medien fragen: Wie viel Gesundheit können wir uns überhaupt noch leisten? Alle sollen den Gürtel enger schnallen, auf Urlaubstage verzichten, mehr arbeiten. Andere sind arbeitslos.
Das »Sozial« in der sozialen Marktwirtschaft? Wo bleibt es? Ich schlage ich eher zufällig die Bibel auf, Sprüche 22,2.: »Reiche und Arme begegnen einander; der Herr hat sie alle geschaffen.« Was mag das vor mehr als 2000 Jahren bedeutet haben, als es noch keine soziale Absicherung, Lebensversicherung, etc. gegeben hat? Der Spruch stellt einfach fest: Es gibt Reiche und Arme. Gott hat sie beide geschaffen. Kein Eintreten für die Armen, dass sie es besser haben sollen.
Ist das nicht ungerecht und unsozial? Einfach die Feststellung, dass es so ist, wie es ist mit dem Unterschied. Dennoch, Reiche und Arme begegnen sich. Begegnung ist da, weil Gott beide geschaffen hat. Wir sind, ob arm, ob reich, Menschen von Gott gewollt, geschaffen. Nicht Reichtum oder Armut bestimmen unsere Würde und unseren Wert. Einzig und allein die Tatsache, dass wir als von Gott gewollte Menschen auf die Welt kamen, gibt uns unsere unverletzbare Würde.
Vor 2000 Jahren sah der gläubige Reiche im Armen ein Kind Gottes und half. Es gab die soziale Pflicht Arme zu unterstützen. Der Glaube half, das Soziale zu organisieren. Das Wissen um die Unverfügbarkeit des Lebens, hinter der Gott gesehen wurde, war Triebfeder des Glaubens und Handelns. Das ist heute für einen Christen nicht anders. Ich frage mich: Wie werden sich Reiche und Arme begegnen in einer verweltlichten Gesellschaft, in der der Glaube keine allgemeine Grundüberzeugung ist, wenn der Gürtel enger wird? Wird der Mensch des Menschen Wolf? Eines ist sicher: Gott selbst kann nur sozial gedacht werden.

Artikel vom 26.08.2006