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Clip fällt aus dem Rahmen

Klein, aber oho: Ein Artikel erzielt 1,5 Prozent des TGK-Umsatzes

Von Monika Schönfeld
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Er ist klein, aber oho. Der Fenster-Clip fällt im übertragenen, nicht im Wortsinn, aus dem Rahmen: Die Tiffany Glas Kunst GmbH (TGK), Europas größtes Farbglaslager an der Helleforthstraße, handelt mit 12 000 Artikeln. Der eine, der Fenster-Clip, hat sich zum absoluten Renner entwickelt. Mit ihm macht die TGK 1,5 Prozent des Umsatzes.

Die Geschäftsführer Friedrich Frisch, Wilhelm Gunkel und Marita Witte verkaufen Farbglas an Weiterverarbeiter und Händler. Zubehör selbst zu produzieren und zu vermarkten war nicht ihr Geschäftsbereich. Bis der Kunstglasermeister und Glasmaler Wilhelm Schlüter aus Münster Friedrich Frisch mit einer Erfindung überzeugte und die TGK den Versuch wagte, das Teil selbst zu produzieren und zu vermarkten.
Wilhelm Schlüter produzierte traditionelle Kirchenfenster und kleine Wappenbilder in Bleiverglasungstechnik. Diese Bilder kommen erst mit Licht richtig zur Geltung, wenn man sie ins Fenster hängt. Bei alten Holzfenstern konnte man einen kleinen Nagel in den Fensterrahmen schlagen, in Mietwohnungen, bei hochwertigen Fenstern oder Kunststofffenstern ist das nicht mehr möglich. Die Problematik, wie solch ein Fensterbild befestigt werden könnte, beschäftigte den Münsteraner lange. 1995 hatte er die zündende Idee: Er erfand einen Haken, der in das Profil des Fensterrahmens eingeklemmt werden konnte und der an der Vorderseite einen Haken hatte, an dem man die Bilderkette aufhängen konnte. Der Haken sollte nicht beim Öffnen und Schließen des Fensters stören. Die spezielle Konstruktion des Hakens passt auf 95 Prozent aller Fensterprofile. Wilhelm Schlüter erhielt den Gebrauchsmusterschutz, 1996 beantragte er ein Patent, das er allerdings erst 2002 mit starker Unterstützung der TGK erhielt.
Schlüter merkte schnell, dass er Produktion und Vermarktung seiner Erfindung nicht allein meistern kann. Und Friedrich Frisch, der Schlüter schon lange mit Farbglas und Werkzeugen beliefert hatte, fing Feuer. »Ich fand die Idee gut. Bisher hatten wir allerdings nur mit Produkten gehandelt, wir hatten noch nie solch Zubehör selbst produziert«, sagt Friedrich Frisch. Allein die Kosten für das Werkzeug, mit dem der Haken gebogen und pulverbeschichtet werden kann, kostet so viel, dass sich das nur lohnt, wenn gleich Hunderttausende produziert werden. »Eine Produktion zu beginnen und ein Marketingkonzept aufzustellen, war eine bisher noch nicht gekannte Herausforderung«, lacht Frisch. Nach der Begeisterung kam schnell die Ernüchterung. Große Mengen müssten verkauft werden - aber wie, mit welchem Konzept? In der Werbedesignerin Martina Zerwer fand die TGK jemanden, der seine Ideen spielen ließ. Problem war, eine Verpackung zu erstellen, die den Sinn des Artikels selbst erklärt. 20 000 Stück ließ TGK produzieren, der Absatz lief schleppend. Hier nahm ein Bastelgeschäft mal zehn Stück ab, dort mal 15. Frisch schickte ein Paket an die Baumärkte, als unbekannter Lieferant hatte er dort keine Chance. »Es kam nicht so richtig der Dreh.«
Der Durchbruch kam im Jahr 2000 bei der Spielwarenmesse in Nürnberg. »In Anknüpfung an unsere Bastelläden-Zeit haben wir einen witzigen Stand präsentiert. Der sprang Einkäuferinnen des Versandhauses Walz ins Auge«, berichtet Frisch. Der Fenster-Clip wurde in den Katalog »Die moderne Hausfrau« aufgenommen, Walz bestellte gleich 10 000 Stück, heute lässt die TGK jährlich 100 000 Stück in einem Marienfelder Unternehmen fertigen und vermarktet sie. Der Clip wird in der gemeinnützigen Werkhaus GmbH in Bielefeld mit Kabelbindern von Behinderten an der Verpackung befestigt. TGK erfüllt damit die Anforderungen an die Schwerbehindertenabgabe, für die Werkstatt ist die Arbeit willkommen, da sie die Feinmotorik fördert.
Zufrieden ist auch der Erfinder des Fenster-Clips. Wilhelm Schlüter bekommt pro Fensterclip eine Provision.
In Schloß Holte-Stukenbrock ist der Fenster-Clip nur beim CreaTeam am Holter Kirchplatz erhältlich.

Artikel vom 25.08.2006