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Mehr Flexibilität in der
Tarifpolitik gefordert

Sommerfest der Holz- und Möbelindustrie-Verbände

Herford (pjs). Die grauen Wolken am Himmel konnten die gute Stimmung beim Sommerfest der Verbände der Holz- und Möbelindustrie Westfalen-Lippe am Dienstagabend nicht trüben: »Wir haben in diesem Jahr kein wirtschaftliches Sommerloch zu beklagen und wir hoffen auf einen heißen Herbst«, sagte Interlübke-Chef Helmut Lübke bei der Begrüßung der Gäste im MARTa-Café.

Der Vorsitzende des Verbandes der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung Westfalen-Lippe richtete in seiner Ansprache den Fokus auf die Entwicklung der tarifpolitischen Situation seiner Branche. Tarifpartner ist dort ebenso wie in der Textil- und Bekleidungsindustrie die IG Metall, deren künftige Aufstellung und Ausrichtung Fragen aufwerfe.
»Sie bekleiden Menschen, wir bekleiden Wohnungen«, hieß Lübke den Herforder Modeunternehmer und Olympiasieger der Springreiter Wolfgang Brinkmann willkommen: Der Vizepräsident des Gesamtverbandes Textil und Mode berichtete im Gastvortrag über seine Erfahrungen als Verhandlungsführer der Arbeitgeber der Textil- und Bekleidungsindustrie. Steigende Energiepreise und die Mehrwertsteuererhöhung träfen die Branche hart, betonte Brinkmann. Die Energiekosten rangierten bei manchen Textilbetrieben im zweistelligen Prozentbereich. Für die Bekleidungsindustrie sei die Mehrwertsteuererhöhung »eine einzige Katastrophe«, denn die Unternehmen könnten die dreiprozentige Anhebung nicht an die Kunden weitergeben, sondern müssten sie selbst auffangen. Vor diesem Hintergrund kritisierte Brinkmann das zu hohe Tarifniveau und mangelnde Flexibilität auf Seiten der Gewerkschaft. Er warb für die Beibehaltung des Flächentarifvertrags, betonte aber: »Wir brauchen mehr betriebliche Bündnisse, die der Situation vor Ort eher gerecht werden. Denn was für die eine Firma richtig ist, muss für die andere noch lange nicht richtig sein.« Vor allem Unternehmen ohne Tarifbindung hätten dazu beigetragen, dass zunehmend mit Öffnungsklauseln gearbeitet werde. Im September, kündigte er an, sollen erste Gespräche über neue Arbeitszeitregelungen geführt werden. Brinkmann appellierte an die Unternehmer, über den eigenen Bedarf hinaus auszubilden, um möglichst vielen jungen Menschen eine Perspektive zu eröffnen. Zugleich sprach er sich aber gegen eine Übernahmegarantie für die Auszubildenden aus.
»Flächentarifverträge haben eine wichtige Ordnungsfunktion«, unterstrich Dr. Lucas Heumann. Auch der Möbelindustrie-Verbändegeschäftsführer forderte aber mehr Beweglichkeit bei der Einführung von Öffnungsklauseln.

Artikel vom 24.08.2006