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Kulturpolitischer Sprecher der FDP: Dr. Gerd Wollny.

Kulturpolitik
am Scheideweg

Stellungnahme von Dr. Gerd Wollny

Herford (HK). Die Kulturpolitik in Herford muss überdacht werden. Zu diesem Schluss kommt der kulturpolitische Sprecher der FDP, Dr. Gerd Wollny. Auf Anfrage des HERFORDER KREISBLATTes äußert sich Dr. Wollny zur MARTa-Konzeption und zu den Plänen des stadtgeschichtlichen Museums. Er schreibt in seiner Stellungnahme:

Ê»Nicht zuletzt das desaströse Ergebnis des ersten Jahres, in welchem MARTa nun all unsere Erwartungen in die Tat umsetzen sollte, muss uns Herforder zwingen, die Kultur-Politik unserer Stadt neu zu überdenken. Dies gilt für alle Bereiche, nämlich MARTa, Stadtmuseum, Daniel-Pöppelmann-Haus, aber auch Nordwestdeutsche Philharmonie, Jugendmusikschule und die anderen Aktivitäten des kulturellen Lebens in Herford.
Insbesondere scheint es mir an der Zeit, dass wir die Ziele und Aktivitäten von MARTa, Stadtmuseum (Museum am Münster) und Daniel-Pöppelmann-Haus neu überdenken. Was ist zu tun? Am schädlichsten scheint es mir zu sein, wenn wir nach dem üblichen »nur weiter so« handeln, gegebenenfalls mit kosmetischen Operationen, wie etwa neuen Verträgen mit dem Management von MARTa oder Ähnlichem.
Ebenso schädlich wäre es, das Steuer nun herum zu reißen und das Feld nur noch den Finanzpolitikern zu überlassen. Vielmehr scheint es jetzt angebracht, die Konzeption von MARTa vorsichtig zu ändern. Wir können dankbar feststellen, dass MARTa als Museum und als Museumsheimstatt die Stadt Herford überregional ins Gespräch gebracht hat, auch in der so genannten Kulturszene. Verantwortlich hierfür sind in erster Linie der Gehry-Bau und die Bekanntheit und die Aktionen von Jan Hoet. Es gilt nun Rezepte zu finden, wie die erfolgreiche Arbeit von Jan Hoet mit den beschränkten Mitteln der Stadt fortgeführt werden kann, nach dem man einfach feststellen muss, dass die Sponsorengelder doch nicht so fließen, wie erwartet worden ist.
Anlass zur Sorge bietet auch die Entwicklung zur Etablierung eines stadtgeschichtlichen Museums. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die hochherzige Spende von Dieter Ernstmeier zur Realisierung des auch von ihm gewünschten Stadtmuseums manche Leute in Euphorie versetzt und in einen Planungszwang setzt nach dem Motto: Geld ist da und wird da sein. Also fangen wir schnellstens an.
Sicher ist das Konzept von Prof. Dr. Wemhof bestechend. Lässt sich aber so ein Haus neben dem ÝLeuchtturmÜ MARTa errichten, erhalten und fortführen? Sicherlich: Wir können sagen, das ist Sache des Vereins für Herforder Geschichte. Mit dem Geld der Stiftung Dieter Ernstmeier wird der Verein es schon schultern. Was aber, wenn diese Erwartung nicht eintritt? Die Stadt hat zwar immer betont, dass sie zu diesem Projekt nicht mehr hinzu schießen kann als den bislang in den Etat eingestellten Betrag.
Was aber geschieht, wenn das neue Stadtmuseum auf halber Strecke oder, noch schlimmer, nach Fertigstellung in Schwierigkeiten gerät und die Verantwortlichen dann der Stadt sagen: Wir können nicht weiter. Dann kommt die Stadt in Zugzwang. Gelder sind nicht da. Das gesamte kulturpolitische Engagement der Stadt kommt ins Wanken.
Die Verantwortlichen des Vereins für Herforder Geschichte sollten das Projekt Stadtmuseum noch einmal sehr kritisch auf den Prüfstand stellen und ehrlich die Erwartungen und Möglichkeiten durchrechnen. Meines Erachtens ist das Projekt in der jetzigen Planung nur dann durchzuführen, wenn weitere Sponsoren im erheblichen Maße sowohl für Errichtung und insbesondere den Betrieb beispringen.
Wenn also die Stadt für das nächste Jahrzehnt noch die kulturpolitische Handlungsfähigkeit behalten will, scheint es mir unabdingbar, dass sich sehr schnell alle beteiligten Institutionen und Personen zusammensetzen, nämlich MARTa, Verein für Herforder Geschichte, Kunstverein und Stadt und ohne Berührungsängste und Eifersüchteleien eine nüchterne Bilanz über das Heute und Morgen erstellen. «

Artikel vom 24.08.2006