23.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Apothekenpreise«
bleiben Streitpunkt

Unterschiedliches Echo auf DocMorris-Entscheidung

Von Peter Schelberg
Herford (HK). In Saarbrücken hat der Internethändler DocMorris seine erste Apothekenfiliale in Deutschland gekauft. Der saarländische Gesundheitsminister Josef Hecken (CDU) genehmigte den Betrieb der Apotheke - und sorgte mit dieser Entscheidung für Unruhe in der Zunft der Pharmazeuten. Auch der Sprecher der Apotheker im Kreis Herford, Heinz-Peter Wittmann (Rödinghausen), kritisierte das »seltsame Rechtsverständnis« des Ministers.

Schließlich schreibe in Deutschland der Gesetzgeber vor, dass nur ein Apotheker als Inhaber eine Apotheke betreiben darf: »Ich bezweifle, dass mit dieser Erlaubnis etwas Positives für den Verbraucher erreicht wird.« Der Kunde in Deutschland erwarte von seiner Apotheke vor allem auch persönliche Betreuung und Beratung - Serviceleistungen, die sich Wittmann bei einer Kette nur schwer vorstellen kann. Und die Erfahrung zeige, dass in Ländern, in denen Apotheken-Ketten zulässig sind, die Arzneimittelversorgung teurer geworden sei.
Die an der Saar eingeleitete Liberalisierung des Handels mit Pillen und Salben, bei der sich Minister Hecken auf höherrangiges europäisches Niederlassungsrecht beruft, findet dagegen bei Wittmanns Kollegen Siamak Davoudi in Herford Zustimmung: »Auch in der Bundesrepublik begreift man langsam, dass man den wirtschaftlichen Teil der Apotheke Geschäftsleuten überlassen sollte und den pharmazeutischen Teil den Apothekern - denn Apotheken sind ein Business wie andere auch.« Der gebürtige Iraner beobachtet eine »Doppelmoral« beim Umgang mit europäischem Recht: »Einerseits ist Deutschland Mitbegründer der Europäischen Union und man bekennt sich zu Europa, will aber andererseits nicht von alten Gesetzen lassen.«
Die Zeiten, in denen der Arzt- oder Apothekerberuf einer Lizenz zum Gelddrucken gleichgekommen sei, gehörten ohnehin der Vergangenheit an, sagt Davoudi. Er hält mehr Wettbewerb zwischen den Apotheken für wünschenswert: »Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Preise festzulegen und dafür zu sorgen, dass der Apotheker Geld verdient.«
Der 39-Jährige betreibt neben der Apotheke im Marktkauf noch zwei Filialen in Enger und Löhne. Maximal drei Filialen darf ein Apotheker in Deutschland betreiben. Diese Beschränkung wird bis 2008 fallen, ist Davoudi sicher. Nach der Genehmigung der DocMorris-Filiale an der Saar erwartet er zwar keine weitere Konzern-Dependance in der Herforder City, aber: »Jetzt kommt offenbar Bewegung in die Sache. Es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland der Fremdbesitz an einer Apotheke zulässig ist.« Die von Verbrauchern immer kritischer beobachteten »Apothekenpreise« werden sich nach unten bewegen, erwartet der streitbare Pharmazeut. Er hatte wegen Preisnachlässen bei Medikamenten mehrfach »Ärger« mit seinem Berufsverband, der vor Gericht ausgefochten wurde.

Artikel vom 23.08.2006