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Drei Orte und
eine starke
Gemeinschaft

Schwelle feiert 750. Geburtstag

Schwelle (sen). Eine Gans auf goldener Schwelle und blauem Untergrund: eigentlich ist damit über das Lippedorf Schwelle schon das Wesentliche gesagt und der Ort gut beschrieben. Der blaue Untergrund symbolisiert den Wasserreichtum der Gemeinde und das Federvieh weist auf die große Zeit der Gänsezucht hin. Doch weit gefehlt. Denn der Ort an der Lippe hat viel mehr zu erzählen, denn schließlich feiert er in diesem Jahr seinen 750. Geburtstag.

Auf das Jahr 1256 geht die erste urkundliche Erwähnung Schwelles zurück. In jenem Jahr sagte ein gewisser Lambertus de Sveletke als Zeuge vor Gericht aus, was schriftlich festgehalten wurde und somit als erster Hinweis auf Schwelle gilt. Wer Schwelle sagt, meint im gleichen Atemzug aber gleichwohl auch Holsen und Winkhausen. Denn diese drei Orte gehören zusammen und tragen nicht von ungefähr den Namen »Vereinigte Staaten«. Das sehen auch die 670 Einwohner so und halten fest zusammen.
Die Geschichte der drei Ortschaften hat Heimatvereinsvorsitzender Theodor Schulte gründlich recherchiert. So wurde die Streusiedlung mit ihrer ungewöhnlich weiten Ausdehnung zur Zeit der Preußischen Verwaltungsreform von 1815 aus den drei Bauernschaften gebildet. Die Geschichte reicht aber viel weiter zurück, eine erste, nicht endgültig belegte Erwähnung Holsens gibt es bereits aus dem Jahre 1101, Winkhausen wird erstmals in einer Urkunde von 1267 erwähnt. Bekannt ist außerdem, dass Schwelle 1505 Sitz eines Freistuhls (Femegericht) der Herren von Hörde war. Die alte Gerichtsstätte soll auf dem Mühlenberg gewesen sein.
Schon immer war die Streusiedling von der Landwirtschaft geprägt. Noch heute bieten Fachwerkbauten und stattliche Einzelhöfe ein idyllisches Bild. Bis zur Bauernbefreiung 1810 waren die Bauern verschiedenen Grundherren unterworfen. So besaßen etwa das Paderborner Domkapitel sowie die adeligen Familien von Fürstenberg, von Alten und von Hörde Land an der Lippe. Gänsezucht spielte eine große Rolle. »Speziell kleine Betriebe verschafften sich so einen Zusatzverdienst«, weiß Theodor Schulte. Grund für erste Ansiedlungen war sicherlich der Wasserreichtum. »Die alten Sachsen fühlten sich immer zum Wasser hingezogen und hier gab es Wasser und einen Weg«, so Theodor Schulte. Doch das Wasser wird auch heute noch bisweilen für die Dorfbewohner zum Problem, dann nämlich, wenn es über die Ufer von Heder und Lippe tritt. Größere Katastrophen suchten das Land 1890 und 1965 heim, die Bewohner der Vereinigten Staaten rechnen alle drei bis fünf Jahre mit Überflutungen und Hochwasser.
Die seelsorgliche Betreuung der Bewohner erfolgte durch die Pfarrei St. Landolinus in Boke. Mit dem Bau einer Kapelle in Holsen konnte erst 1863 der erste Schritt zur eigenen Filialgemeinde St. Philippus Neri getan werden. Als dieser Bau zu klein geworden war, erhielt die Gemeinde 1910 ein größeres Gotteshaus und im Jahre 1911 die Rechte einer Filialkirche. Die in neubarocken Formen geplante Kirche verlor im Jahre 1965 während einer Innenrenovierung einige wesentliche Malereien und Inneneinrichtungen. Trotzdem ist sie nach wie vor in ihrem Stil, ohne störende Bebauung und weithin sichtbar, ein architektonischer Blickfang. Der Turm mit seinen barocken Hauben setzt einen besonderen Akzent. 1989 wurde die Kirche gründlich restauriert. Zum Ortsjubiläum bekommt sie derzeit einen neuen Annnnstrich.
Ein weiteres wichtiges Gebäude für die drei Ortschaften ist das alte Schulhaus. Es wurde bereits 1896 errichtet. Die für die drei Ortsteile erstmalig 1802 eingerichtete Volksschule hatte bis 1969 Bestand. Heute beherbergt das Schulgebäude einen Kindergarten und eine Begegnungsstätte, die den Vereinen und Gruppen des Ortes zur Verfügung steht. Der im Jahr 1993 gegründete Heimatverein hat die Trägerschaft dieses Gebäudes übernommen. Ein wesentlicher Teil des Vereinslebens spielt sich heute in der »Alten Schule« ab, wo sich neben den kirchlich orientierten Organisationen, wie die Pfarrgemeinde, die Frauengemeinschaft, Caritas, Seniorenkreis und die Jugendgruppe KLJB auch die weltlichen Vereine, wie Sportverein mit drei Abteilungen, Schützenverein mit der angegliederten Schießgruppe, Volkstanzgruppe und Heimatverein als Träger kultureller Angebote und geselliger Veranstaltungen betätigen. Ihre Zusammengehörigkeit und ihr Wir-Gefühl dokumentieren die Vereinigten-Staatler mit etwa 1600 Mitgliedschaften in Vereinen und Gruppen. Dieser Zusammenhalt wird auch am 30. Septermber/1. Oktober wieder unter Beweis gestellt. Dann soll das Ortsjubiläum kräftig gefeiert werden. Unter der Federführung des Heimatvereins sind ein Heimatnachmittag, ein Tanzabend, ein großer Festumzug, ein historischer Markt sowie lanwirtschaftliche Vorführungen und Ausstellungen geplant. Dabei sollen Traditionen wieder aufleben und Typisches aus den Vereinigten Staaten gezeigt werden.

Artikel vom 30.08.2006