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Quorum bleibt eine hohe Hürde


Bünde (BZ). Zum Bürgentscheid am Sonntag über die Zukunft der Eschstraße äußert sich auch der Verein »Mehr Demokratie«, Landesverband NRW. Er beschäftigt sich mit den Regularien. In der Stellungnahme des Vereins, der bundesweit arbeitet, heißt es: »Damit das dort zur Abstimmung stehende Bürgerbegehren erfolgreich ist, muss dieses nicht nur die Mehrheit der Abstimmenden, sondern gleichzeitig auch die Zustimmung von mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten erreichen. Diese Hürde wird Zustimmungsquorum genannt.«
Sinn dieses Quorums solle es sein, Abstimmungserfolge »aktivistischer Minderheiten« zu verhindern. Bürgerbegehren mit einer Unterstützung von weniger als 20 Prozent der Stimmberechtigten werde eine mangelnde Legitimation unterstellt. »Bürgerentscheide, in denen das Zustimmungsquorum nicht erreicht wird, sind ungültig.«
»Mehr Demokratie« unterstützt das Streben nach einer möglichst hohen Abstimmungsbeteiligung, lehnt das Zustimmungsquorum aber als falsches Mittel hierzu ab.
Das Grundprinzip jeder Demokratie laute »Mehrheit entscheidet«. Nur wer sich beteilige, werde gezählt. »Nichtwähler werden bei Wahlen nicht als Stimmen für oder gegen eine Partei gewertet«, das gleiche Prinzip sollte nach Ansich des vereins auch bei Abstimmungen gelten. »Die Legitimationshürde für ein Bürgerbegehren ist das Unterschriftenquorum, das in Nordrhein-Westfalen je nach Gemeindegröße zwischen drei und zehn Prozent aller Bürger liegt. Eine weitere Legitimation durch ein Abstimmungsquorum ist nicht notwendig und sogar kontraproduktiv, weil damit das demokratische Prinzip "Mehrheit entscheidet" in sein Gegenteil verkehrt wird, wenn ein Bürgerbegehren zwar eine Mehrheit der Abstimmenden erhält, das Quorum aber verfehlt.«
Potenzielle Initiatoren eines Bürgerbegehrens angesichts dieser Hürde würden entweder schon im Vorfeld entmutigt oder nach einem am Quorum gescheiterten Begehren frustriert werden. Demokratisches Engagement von Bürgern werde damit gebremst.
Das Zustimmungsquorum ermuntere die Gegner eines Bürgerbegehrens dazu, sich der demokratischen Auseinandersetzung zu entziehen, weil sie mit einem Scheitern des Begehrens am Quorum rechnen könnten. Zusätzlich werde nicht selten versucht, das Erreichen des Quorums durch hohe Beteiligungshürden (etwa wenige Abstimmungslokale) zu verhindern.
Nach Ansicht des Vereins senkt das Zustimmungsquorum die Abstimmungsbeteiligung im Vergleich mit Bürgerentscheiden ohne Quorum. »Das mit dem Quorum angestrebte Ziel einer hohen Beteiligung wird also konterkariert. Erste entsprechende Untersuchungsergebnisse der Forschungsstelle für Bürgerbeteilung und Direkte Demokratie an der Universität Marburg belegen diese Tendenz«, so die Ansicht des Vereins.

Artikel vom 23.08.2006