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Einzelschicksale hautnah erleben

»Das Russlanddeutsche Haus« beschäftigt sich mit der Integration

Von Kathrin Weege (Text und Foto)
Espelkamp (WB). Geschichtliche Einzelschicksale von Zuwanderern erleben und das Verständnis zwischen Einheimischen und zugezogenen Russlanddeutschen zu fördern, das sind nur zwei Ziele der Ausstellung »Das Russlanddeutsche Haus«. Eröffnet wurde sie jetzt im Beisein von Schirmherr und Staatssekretär Dr. Christoph Bergner im großen Ratssaal.

Im Rahmen der Aktionswoche zum Kreiskirchentag, der unter dem Thema »Angenommen« steht, wurde neben dem »Russlanddeutschen Haus« auch die Ausstellung »Anders? - Cool!« eröffnet. In ihr geht es um die Schicksale junger Menschen, die sich in einer neuen Heimat zurecht finden und ein neues Leben aufbauen müssen.
»Migration und Integration sind heute bundes- und weltweit Kernthemen. In Espelkamp beschäftigen wir uns schon seit Jahrzehnten damit. Ich bin stolz, Bürgermeister einer Stadt zu sein, in der zurzeit 64 Nationen friedlich miteinander leben«, sagte Bürgermeister Heinrich Vieker bei der Eröffnung.
»Ich habe gerne die Schirmherrschaft für dieses Projekt übernommen. Deutschen muss in den Herkunftsgebieten geholfen werden, und auch den Menschen hier, um eine neue Heimat zu finden. In Espelkamp ist diese Arbeit sehr erfolgreich«, sagte der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Dr. Christoph Bergner.
Man könnte denken, die Ausstellung »Das Russlanddeutsche Haus« sei für Ältere gemacht und »Anders? - Cool!« für Jüngere. »Wir möchten aber mit den zwei Expositionen die Lebenswelten der Generationen miteinander verknüpfen, sie in einen Dialog bringen«, sagte Hans-Werner Dielitzsch, Diakonie-Vorstand. Verständnis für die Fremdartigkeit des jeweils anderen und für die Kultur seien Grundlagen der Integrationsprozesse, die die Diakonie Lübbecke bereits seit den 70er Jahren verfolgt.
Die Ausstellung »Das Russlanddeutsche Haus« ist in Form eines Hauses im Ratssaal aufgebaut. Ein Haus bauen, das heißt für viele, einen Ort als seine Heimat wählen, an dem man die Zukunft erwarten und mitgestalten will. »Das Haus ist wie ein roter Faden im Leben der Russlanddeutschen, es ist eine Grundkonstante in ihrer Geschichte. Sie haben an den Gebäuden vieles selber gemacht. Sehe ich die Fenster dieses Russlanddeutschen Hauses, frage ich mich, was dahinter vorgeht oder vorgegangen ist. Das Zusatzprogramm zur Ausstellung wird diese Geschichte mit ihren Einzelschicksalen im Laufe dieser Woche weiter beleuchten«, sagte Pfarrer Edgar Born und Aussiedlerbeauftragter der Ev. Kirche von Westfalen in seiner Rede.
Dass die Ausstellung im Ratssaal stattfindet, bezeichnete Pfarrer Born als ein Signal an die Russlanddeutschen; dafür, dass ihre Belange auch einen Platz im Rat finden. »Viele Russlanddeutsche haben Angst davor, wie von ihnen geredet wird. Hier soll gut von ihnen gesprochen werden«, betonte Pfarrer Born. »Anders? - Cool!« soll zu Gesprächen anregen und Feingefühl für schwierige Situationen fördern, wenn man alles zurück lassen muss. »Was passiert, wenn man Ýfreiwillig unfreiwilligÜ das Land verlässt? Wenn Kinder in Boote gesetzt wurden und auf eine Reise gingen, von der sie weder wussten, wie lange sie dauert, noch wann und ob sie ihre Eltern je wieder sehen«, so Claudia Hundertmark, Leiterin des Jugendmigrationsdienstes. Nicht die Integration sei das Hauptthema von »Anders? - Cool!«, sondern die Jugendlichen in neuen Lebenswelten.

Artikel vom 23.08.2006