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»Blumensträuße« für die Gräber

Playel-Trio hinterließ nachhaltigen Eindruck im »Dalheimer Sommer«


Von Wolfgang Günther
Lichtenau (WV). Dass sich der »Dalheimer Sommer« in erfreulich vielen Sektionen musikalischer Gattungen präsentieren kann, bewies auch das Konzert mit dem »Playel-Trio« mit Yuri Martynow (Klavier), Vladislav Pesin (Violine) und Dmitri Sokolov (Violoncello). Alle drei sind Absolventen der Konservatorien in St. Petersburg und Moskau.
In den sieben Jahren seines Bestehens hat sich das Trio auf internationalem Parkett bestens bewährt und ist mit hochkarätigen Preisen ausgestattet worden. Mit seinen hervorragenden Darbietungen auf höchstem künstlerischem Niveau gehörte dieses Konzert zu den glanzvollen Erlebnissen des Festivals.
Mit dem Leitgedanken »Blumen zum Gedenken« war auch eine geistige Verbindung zum »floralen« Gesamtkonzept des Sommers gegeben. Durch die große Ehrfurcht, die das Trio in seinen äußerst sorgfältig angelegten Interpretationen erkennen ließ, wurde ihr Spiel zu »Blumensträußen«, die auf die Gräber der Jubilare dieses Jahres gelegt wurden - zum 250. Geburtstag Mozarts, zum 150. Todestag Schumanns und zum 100. Geburtstag von Schostakowitsch.
Das Trio B-Dur KV 502 von Mozart, mit dem der Abend begann, 1786 komponiert, gehört somit fast schon zu den »Spätwerken« des Meisters. Einerseits zeigt es eine angenehme Glätte und Süße im Ausdruck, aber auch zuweilen einen eigenartigen tief empfundenen Schmerz. Im Einsatz einer unterschiedlichen Dynamik ließ das Ensemble anfänglich kleine Unsicherheiten erkennen, die jedoch den leichtgängigen, brillanten Ablauf der Spielfiguren nicht beeinflussen konnte. Die innige Gestaltung der melodischen Linien kennzeichneten das Larghetto. Im Schlusssatz musste Mozart natürlich die Erwartungen seiner Hörer erfüllen, nämlich nach einem langsamen Satz kleine Überraschungen zu erleben: da gibt es kleine unverhoffte harmonische Wendungen oder rhythmische Finessen - vom Trio mit Witz und Delikatesse serviert.
Im Mittelteil des Konzertes standen zwei Solowerke von Schumann: die Sonate a-Moll für Violine und Klavier op. 105 und drei Phantasie-Stücke für Klavier und Cello op. 73. Beide Solisten zeigten in ihren Interpretationen ein überzeugendes technisches und gestalterisches Vermögen, von Yuri Martynov adäquat mitgetragen.
Schlussstück und Höhepunkt des Abends war die packende Realisation des Trios e-Moll op. 67 von Schostakowitsch. Im Kriegsjahr 1944 im damaligen Leningrad komponiert, drückt es einmal das Leid der Bevölkerung durch die 900 Tage andauernde deutsche Belagerung aus. Der andere Anlass war für Schostakowitsch die erschütternde Nachricht vom allzu frühen Tod seines Freundes Iwan Sollertinski. Extreme Lagen wie etwa die Flageolettöne der Streicher und die tiefen Lagen des Klaviers drücken dies aus: keine Musik zum Zurücklehnen. Die Interpretation hinterließ einen tiefen, nachhaltigen Eindruck.

Artikel vom 22.08.2006