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»Eine andere Wirklichkeit«

Michael Jochinke setzt Alltägliches in ein neues Licht

Paderborn (WV). Eine außergewöhnlich Ausstellung des Paderborner Künstlers Michael Jochinke wurde am vergangenen Sonntag in der Abdinghofkirche eröffnet.

Immer wenn die Sonne in das Seitenschiff der Abdinghofkirche scheint, können die Besucher neue Entdeckungen machen. Denn die ausgestellten Wachswerke und Schichtarbeiten leben vom Licht, das sie durchdringt und verändert und die im Wachs eingeschlossenen Objekte mal mehr, mal weniger dem Blick des Betrachters freigibt.
»Das ist unsere bestbesuchte Ausstellungseröffnung seit langem«, war Pfarrer Dr. Eckhard Düker mit dem Andrang der Besucher hoch zufrieden. Einige technische und künstlerische Herausforderungen galt es im Vorfeld zu meistern. Jetzt hängen die Bildtafeln in Metallrahmen an zwischen den Säulen angebrachten Metallstangen frei im Raum und können ihre Wirkung im Licht entfalten. Zu sehen sind sie unter dem Titel »Signa - Bildtafeln als Gegenstände zum Offensichtlichen« bis zum 30. September täglich von 11 bis 18 Uhr in der Abdinghofkirche.
Der Künstler ist im Brotberuf Lehrer und war davor Layouter. »Ich layoute jetzt in der dritten Dimension«, beschreibt Michael Jochinke seine Kunst. Dafür brauche er lediglich einen Wachsblock, Feuer und Wärme, eine Form sowie Fundstücke oder Verwitterungsprodukte von Dingen, die er früher gemacht habe, so Jochinke.
Dass hinter dieser Aufzählung scheinbar einfacher Dinge mehr steckt und das Ergebnis auf vielfältige Weise sehenswert ist, machte Kunstvereins-Geschäftsführerin Dr. Alexandra Sucrow in ihrer Einführung deutlich. Die Werke seien ausgeführte Zeichen einer Philosophie, die sich harmonisch in das Kirchenschiff einfügten. »Die Arbeiten von Michael Jochinke reizen zum Hinschauen. Sie fordern zum Entdecken des Verborgenen auf«, sagte die Kunsthistorikerin. Obwohl der Blick des Betrachters sofort nach Bekanntem suche, sei nicht jedes in Wachs eingeschlossene Objekt eindeutig erkennbar, sondern bleibe offen für das Unbekannte, so Sucrow.
Pfarrer Eckhard Düker stellte die Verbindung zur Theologie her, in der Zeichen und Symbole eine besondere Bedeutung hätten. »Die Sprache der Zeichen ist der Alltagswelt entnommen und dennoch lassen sie eine andere Realität durchscheinen. So haben Zeichen auch eine religiöse Dimension für den Betrachter«, sagte Düker.
Ein Bezug zur Kirche und zum Kirchenraum findet sich auch in der Wahl des Materials. Wachs gehöre zur Kirche, sagte Alexandra Sucrow. »Wachs ist leicht formbar und zugleich höchst empfindlich«, beschrieb sie die Eigenschaften des Stoffs, der die scheinbar wertlosen Dinge in seinem Inneren umhülle wie ein Schleier. »Das Wachs ergänzt das, was es umschließt, zu einem bedeutungsvollen Ganzen.«

Artikel vom 23.08.2006