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Die Wasseropfer bleiben
auf den Schäden sitzen

Mühlenstraße: Ursache für Überschwemmung ungeklärt

Von Jens Heinze und Peter Bollig
Bielefeld (WB). Die beiden schlechten Nachrichten vorweg: Die Opfer der Überschwemmung von Sonntagabend im Bereich Mühlen-/Schlosser-/Metzer Straße und Niedermühlenkamp werden wohl auf den entstandenen Schäden sitzen bleiben.

Und auch die Ursache für die plötzlichen Fluten, bei denen mit Schlamm und Fäkalien versetztes Mischwasser in 20 Häuser und die Druckerei Opitz gelaufen war, ist weiter unbekannt. Das hat Marion Hauptmeier-Knak, Leiterin des Geschäftsbereiches Stadtentwässerung beim städtischen Umweltbetrieb (UWB), gestern bestätigt. Gegen Wasserrückstau im Kanal habe jeder Immobilien-Besitzer selbst zu sorgen. Auch versuchte sie zu erklären, warum erst jetzt, nach der zweiten Überschwemmung binnen sechs Tagen, reagiert werde: »Der erste Vorfall ist zum UWB gar nicht durchgedrungen.«
Um die 50 Helfer von der Berufsfeuerwehr und von fünf freiwilligen Löschabteilungen waren am Sonntag bis kurz vor Mitternacht im Einsatz gewesen, um die Keller leerzupumpen und ein unterspültes Haus an der Metzer Straße zu sichern. Wie berichtet war der Bereich rund um die Kanalbaustelle Mühlenstraße gegen 19.45 Uhr bereits zum zweiten Mal innerhalb nur sechs Tagen mit einer stinkenden Brühe überschwemmt worden. Die erste Flut hatte es in der Nacht von Montag zu Dienstag vergangener Woche gegeben.
Mit dem erneuten Abwasser im Keller war auch der Ärger bei den Anwohnern ins Unermessliche gestiegen. »Das ist nun schon das zweite Mal«, schimpfte eine Betroffene. Eine Anliegerin, die bereits seit 45 Jahren an der Schlosserstraße wohnt, fügte hinzu: »In der ganzen Zeit hat es nie Probleme mit aufsteigendem Wasser im Keller gegeben.« Die Ursache wollen die Anlieger schon ausfindig gemacht haben: die seit Juni laufenden Bauarbeiten im Bereich Mühlenstraße an einem undichten, etwa 100 Jahre alten Kanal. Voraussichtlich noch bis Mitte September werde der bis zu 1,80 Meter hohe und gemauerte Mischwassersammler, in den große Teile des Abwassers aus der Innenstadt fließen, mit Spezialkunststoff abgedichtet, sagte UWB-Expertin Hauptmeier-Knak.
So wie viele ihrer Nachbarn griffen gestern Christian Klempsmann und Catharina Eysold zu Eimer und Schrubber, um ihren Keller an der Schlosserstraße vom Dreck zu befreien. Das Paar und ihre Nachbarn sind sauer. Einerseits auf die Stadt, die bereits signalisiert habe, keinen Schadenersatz zu leisten, andererseits auf die BGW - der gehören die rechtsseitig gelegenen Häuser an der Schlosserstraße. Auch die Wohnungsgesellschaft, so die Bewohner, fühle sich nicht zuständig für die Schäden. »Obwohl es die BGW versäumt hat, Rückstauventile einzubauen.«
Hart getroffen hat es - ebenfalls zum zweiten Mal - die Druckerei Opitz an der Schlosserstraße 11. Das Wasser hatte sich im Papierkeller des mehr als 80 Jahre alten Familienbetriebes (zehn Mitarbeiter) ausgebreitet. Dort, erklärte Inhaber Hardo Meyer (53), lagerte Papier im Wert von etwa 100 000 Euro. Das Ausmaß der Schäden sei noch nicht absehbar.
Dass Ursache für die Überschwemmung ein Platzregen am Sonntag gewesen sein könnte, wie es der Umweltbetrieb für möglich hält, weisen fast alle Anlieger zurück. Offenbar, so meinen die Betroffenen, sei die Pumpe, die während der Bauarbeiten das Abwasser in einen oberirdischen Behelfskanal befördere, schon bei geringeren Niederschlägen überfordert. Laut Stadtwerke-Wetterwarte waren übrigens Sonntag zwischen 19 und 20 Uhr am Rande der Innenstadt 9,3 Liter Regen pro Quadratmeter runtergegangen - ein ganz normaler Wert.

Artikel vom 22.08.2006