22.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Momentaufnahme eines doppelten Glücks

Fußball-Bezirksliga: Preußen Espelkamp bewertet Platz eins nicht über - TuS Gehlenbeck vermeidet Fehlstart

Espelkamp/Gehlenbeck (tz/Les). »Torgeil sein! Mehr!« Zwei zentrale Regieanweisungen eines Spielertrainers, die einiges über die Philosophie von Uwe Korejtek verraten. »Fußball spielen! Nicht mit dem Ball rennen!«, war eine weitere, mit der er das Preußen-Team während des Auswärtsspiels beim TüV Herford lenkte. Am Ende stand ein 7:2-Erfolg - und Preußen Espelkamp grüßt, passend zu den neuen Trikots, am zweiten Spieltag vom Platz an der Sonne. Aus dem Schattenreich des ersten Spieltages ist auch der TuS Gehlenbeck getreten: Die Heimpremiere gelang mit einem 3:1 gegen Gorspen-Vahlsen.

Preußen Espelkamp Tabellenführer der Bezirksliga: Wer hätte das noch vor zwei Wochen nach dem 2:9-Desaster gegen Dützen gedacht? Bei aller Euphorie, die nach dem fulminanten Saisonstart vielleicht schon aufkommen mag: Überbewerten darf man die zwei Siege auch nicht. Der erste Gegner Gehlenbeck war personell geschwächt, der zweite, TüV Herford, lieferte eine unterirdische Leistung ab, die mit Bezirksliga-Niveau an diesem Tag nun wirklich nicht sehr viel gemeinsam hatte. Und so wird es in den kommenden Tagen, nicht nur angesichts des heutigen Pokalauftritts in Dielingen, sondern auch mit Blick auf das nächste Meisterschaftsheimspiel gegen den SV Oetinghausen, eine der Hauptaufgaben von Uwe Korejtek sein, die jungen Wilden auf dem Boden der Tatsachen festzutackern. »Kein Problem, jetzt kriegen sie in der Woche wieder richtig Lack. . .!«, kündigte der »Ko«-Trainer gleich nach dem Schlusspfiff am Jahn-Stadion an. Das einzige, das er am zweiten Saisonspiel kritisieren konnte, war die Torausbeute. Bei einem 7:2-Auswärtssieg? Klingt komisch. Ist aber so. »Gute Mannschaften sind hier in der Halbzeit schon durch«, legt Korejtek den Finger in die Wunde. Bei nur halbwegs cleverer Chancenverwertung hätte Preußen bei schockierend harmlosen Herfordern locker zweistellig gewinnen können - und müssen.
Als wieder einmal eine Warkentin-Flanke am zweiten Pfosten ungenutzt verpuffte, lachte der Spielführer nur schelmisch und versuchte sich als Rhetoriker: »Wo ist Torben?«, trauerte er Kreienbrock, dem nach Minden abgewanderten »Kopfball-Ungeheuer« mit dem perfektem Timing, nach. Doch auch die aktuellen Stürmer des FCP stillten ihren Torhunger: Youngster Vitali Philippi belohnte sich für eine erneut starke Partie mit zwei Treffern, Johann Peters schlug genauso zu wie Jan Hiller. Getoppt wurde das alles nur von »Mister Dreierpack« Willi Rogalsky.
Auf Unverständnis stießen beim FCP nur die beiden Situationen, die zu den Herforder Toren führten. Der Freistoß vor dem Ausgleich war schon zweifelhaft, der Elfmeter, den der türkische Schiedsrichter seinen Landleuten zusprach, dagegen ein glatter Witz. Gar nicht lustig fanden die Preußen die Zugabe des »Unparteiischen«, der Elfer-Killer Thorsten Korejtek nach seiner Parade unterstellte, sich zu früh bewegt zu haben - und deshalb den Strafstoß wiederholen ließ. Bis er endlich drin war. Bissiger Kommentar von Zuschauer Jürgen Goroncy, Jugendtrainer der Preußen: »Dann gib' ihnen doch gleich das Tor. . .«
Für die schwachen Türken war diese Hilfestellung aber nicht genug, um den Klassenunterschied zu den Preußen in der Schlussphase noch wettzumachen. So konnten sich die Espelkamper Fans guter Dinge auf den Heimweg machen - und philosophieren, wann denn zum letzten Mal eine Mannschaft der Adlerträger auswärts in der Bezirksliga so hoch gewonnen haben könnte.
Als Zugabe gab es dafür die Tabellenführung - und die haben die Espelkamper, nimmt man die vergangene A-Liga-Serie dazu, nur für einen Spieltag abgegeben. . . Über die »schöne Momentaufnahme« freute sich Coach Uwe Korejtek natürlich auch - warnte aber gleich vor übersteigerten Hoffnungen oder gar Träumen beim auf Klassensicherung bedachten Aufsteiger: »Die Gefahr bei Preußen ist, wenn man zwei Spiele gewonnen hat, wird gleich vom Titel geredet. . .« Und grinst. Zu gut kennt er seinen Heimatverein, zu gut hat er die Bezirksliga in den vergangenen Jahren mit anderen Teams studiert, als auf die Mini-Serie von zwei Siegen zuviel zu geben. Korejtek weiß nur zu gut, dass auf seine junge Truppe auch schnell andere Zeiten zukommen könnten. Und dass sie durchaus das Zeug zu launischen Aussetzern, das 2:9 im Test gegen Dützen ist noch nicht vergessen, hat. Der erste echte Härtetest wartet in der Liga bereits am kommenden Wochenende. Gegner ist dann der SV Oetinghausen, derzeit Tabellenvierter und 4:3-Sieger gegen Titelfavorit Mennighüffen - ein erstes, echtes Spitzenspiel also. »Oetinghausen ist für uns ein ganz anderer Prüfstein, dann können wir schon eher sehen, wo wir stehen!«, meint Korejtek - wenn es nach den Fans geht, ruhig weiter dort, wo der FCP jetzt schon logiert. Platz eins ist eine Momentaufnahme, klar - aber dieser Moment muss ja nicht schon am kommenden Sonntag vorbei sein. . .
Zu den Zaungästen in Herford zählte auch Gehlenbecks Ex-Preuße Thomas Czarnetta. Der hatte mit seinem Team bereits am Freitag den ersten Schritt in Richtung Klassenerhalt vollzogen - und sah nun in Herford eine Mannschaft, vor der sich die Gehlenbecker garantiert nicht verstecken müssen. Erst recht nicht nach dem Sieg gegen Gorspen-Vahlsen.
Die ersten 60 Minuten der Begegnung des TuS Gehlenbeck gegen den Aufsteiger aus Gorspen-Vahlsen waren freilich wahrlich nicht nach dem Geschmack von Trainer Carsten Schöning. Seine Schützlinge hatten nicht nur bei den Zweikämpfen (Wie hatte er doch noch am Freitag gefordert? »Wir müssen bissiger in die Zweikämpfe gehen als gegen den FC Preußen Espelkamp.«) das Nachsehen, sondern konnten auch läuferisch kaum mithalten. Besonders auf der linken Außenbahn drohte viel Gefahr, weil Müller zu oft die Hacken seines Gegenspielers sah.
Da er gleichzeitig nicht für Entlastung nach vorn sorgen konnte, »musste,« so der Gehlenbecker Coach, »ich regaieren.«
Und er setzte verstärkt auf die Jugend. Für Sven Müller brachte er den aus der eigenen A-Jugend freigegebenen von der Ahe, der seinen Gegenspieler erstens besser in den Griff bekam, zweitens für die zuvor vermisste Entlastung nach vorn sorgte.
A propos Jugend, a propos Altersdurchschnitt. Letzterer wird natürlich durch die Routiniers, die komplett die Abwehrriege stellen (Michael Göbel 32; Dirk Benus 39; Thomas Czarnetta 32, Christoph Lömker 33) eher in den Dreißiger-Bereich geschoben. Auch Nusret Camic (33), Michael Struckmeier (36) und Markus Wuttke (30) sind nicht mehr die Allerjüngsten. Doch dank Tony Westphal (19), Jens Windmöller (19), Torsten Jager (28), Sven Müller (25) und den eingewechselten Benjamin Hölscher (19), von der Ahe (18) und Olli Wehmeier (18) weht doch eine Menge frischer Wind auf der Anlage unterhalb des Wiehen. Ein Wind, der am Freitagabend trefflich dazu geeignet war, in dieser ersten Heimbegegnung die Weichen in Richtung 3:1-Sieg zu stellen. Schließlich bereitete von der Ahe mit seinem klugen Zuspiel auf Jager das 1:0 vor, schließlich brachte Jens Windmöller mit seinem Treffer zum 2:1 den TuS erneut in Führung.
Tatsachen, die den TuS-Coach, die den TuS Gehlenbeck auf eine gute Zukunft hoffen lassen können.

Artikel vom 22.08.2006