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Schusssichere Weste abgelegt

Stephan Große Rüschkamp vom humanitären Einsatz im Libanon zurück

Von Manfred Köhler
Verl/Beirut (WB). Ein mulmiges Gefühl hatte der Verler Stephan Große Rüschkamp schon, wenn bei seinen Einsätzen im Libanon mitunter nur wenige hundert Meter entfernt Bomben einschlugen.

»Es war nicht ganz ohne Risiko«, erzählt er. Die schusssichere Weste gehörte zum Alltag. Das ist jetzt Vergangenheit: Heute landet sein Flieger in Berlin, wo der 32-jährige Pressemitarbeiter von »Ärzte ohne Grenzen« noch ein paar Dinge im Büro regelt, bevor er in den Urlaub fährt. »Darauf freue ich mich schon«, sagt er. 14 Tage lang war er in der Kriegsregion, meist im südlichen Libanon, und hat die Not der Bevölkerung hautnah mit erlebt, die jetzt wieder zu hunderttausenden in langen Trecks auf den teilweise zerstörten Straßen unterwegs ist. »Die haben mehrere Wochen Bombenhagel ausgehalten und haben jetzt nach dem Waffenstillstand nur noch einen Wunsch: so schnell wie möglich nach Hause«, erzählt Stephan Große Rüschkamp. Aber das gehe nur mit großen Schwierigkeiten, wie auch die Versorgung der Menschen mit Medikamenten und mobilen Krankenhäusern schwierig sei: »Die Transportwege sind verstopft, die Brücken sind zerstört und so müssen die Menschen und die Hilfstransporte durch die Flüsse«, berichtet der Journalist. Da komme es oft zu langen Menschenketten, die die Medikamente für »Ärzte ohne Grenzen« oder andere Hilfsorganisationen per Hand von einem Ufer zum anderen schafften. Und was auf den Straßen los sei, könne man sich vorstellen, wenn man wisse, dass das Straßennetz schon im Normalfall überfordert sei. »Und jetzt sind manche Stellen durch Bombenlöcher unpassierbar«, erklärt er.
Für »Ärzte ohne Grenzen« habe sich die Lage in Libanon aber doch grundsätzlich anders dargestellt als in der Dritten Welt wie im Tschad oder im Sudan: »Hier im Libanon ist das Gesundheitssystem gut, die Infrastruktur steht. Das libanesische Rote Kreuz hat eine hervorragende und mutige Arbeit geleistet«, lobt Stephan Große Rüschkamp. Beim Medikamentennachschub und bei der psychologischen und humanitären Versorgung seit oft Hilfe nötig gewesen. »Wir haben uns auf Lücken konzentriert«, fasst er zusammen. Dazu gehörte auch die Versorgung alter Menschen, die in ihren Dörfern geblieben und von der Außenwelt abgeschnitten waren, sowie von Kindern, die durch die Kriegsereignisse hyperaktiv waren, Kopfschmerzen hatten und nicht schlafen konnten.

Artikel vom 19.08.2006