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Das Wort zum Sonntag

Jutta Hoppe

Von Jutta Hoppe


Der 10. Sonntag nach Trinitatis wird als »Israel-Sonntag« deklariert. Er dient zur Erinnerung an die Zerstörung des Herodianischen Tempels 70 nach Christus.
Zugleich hat der »Israel-Sonntag« seine Bedeutung im Nachdenken über das Verhältnis von Juden und Christen.
Der für diesen Sonntag vorgesehene Predigttext (Jesaja 62, 6-12) spricht von den Juden als »Auserwähltem Volk«,vom »Heiligen Volk« und von den »Erlösten des Herrn«. Bei diesem Prophetenwort wird mir angesichts der Ereignisse der letzten Wochen im Nahen Osten ganz anders. Wo ist Erlösung sichtbar?
Fast 400 000 israelische Soldaten und Reservisten hat Israel unter Waffen, um die Sicherheit des Staates zu gewährleisten. Zurzeit kämpfen die israelischen Soldaten gegen die Hisbollah im Libanon, die immer wieder Raketen auf den Norden Israels abfeuern. Auf beiden Seiten kommen Menschen zu Tode, Soldaten, aber auch Zivilisten. Die Krankenhäuser sind überfüllt. Häuser in Haifa und in anderen Ortschaften liegen in Trümmern. Beirut, das Parisdes Orients, ist ebenfalls zerstört. Die Küste ist vom Öl verseucht.
Im Predigttext wird Israel zugesagt »Tochter Zion: Siehe, dein Heil kommt!« Ja, wann denn?
Zwischen der Verheißung des Propheten aus den Jahren um 500 vor Chr. und der politischen Situation der vergangenen Jahre, insbesondere der letzten Wochen, liegt eine große Spannung. Als Jesaja seine Verheißung über Jerusalem schreibt, sind die Perser Besatzungsmacht in Israel. Heute will der iranische Präsidentin Teheran Israel von der Landkarte wegradieren.
Als Christ weiß ich, dass Gott Israel als sein Volk erwählt hat. Dennoch hat es bis zum heutigen Tage kaum Frieden im Heiligen Land gegeben. »Dein Heil kommt.« Wann kommt das Heil? Die Bibelentwickelt ihre Kraft zur Hoffnung immer aus dem Leid. So haben die Leute den Propheten damals nicht anders gehört als heute - ambivalent, kritisch ungläubig oder aufgerichtet.
- ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht schweigen sollen«, so heißt es bei dem Propheten Jesaja. Der Friede braucht Wächter.Er braucht Menschen, die an Gottes Wort erinnern: »Macht Bahn, räumt die Steine hinweg.« Räumt die Steine, die den Frieden hindern, hinweg. Es ist gut zu wissen, dass derzeit Politiker unterwegs sind, um Steine wegzuräumen!
Weiter heißt es im Text: »Lasst Gott keine Ruhe, bis er Jerusalem wieder aufrichtet.« Was können wir denn tun? Beten für den Frieden im Heiligen Land. In gefalteten Händen ist kein Platz für Gewehre und Raketen.

Artikel vom 19.08.2006