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Krankentransport endet im Rathaus

Arzt soll Asylbewerber nicht behandelt haben -ÊAusländerbehörde am Zug

Versmold (OH). Ein augenscheinlich erkrankter Mann auf einer provisorisch aus Brettern zusammengenagelten Liege mitten im Rathaus-Foyer -Êwas unglaublich klingt, war Mittwochmittag in Versmold Realität. Der derzeit geduldete Asylbewerber, laut eines ärztlichen Gutachtens aus Januar unter einer lebensbedrohlichen Bandscheibenerkrankung leidend, hatte sich gegen einen Weitertransport geweigert.

Eine Krankenwagenbesatzung des DRK Osnabrück hatte den 38-Jährigen, der die Fahrt zwei Tage zuvor bei der Leitstelle der Landkreisverwaltung angemeldet hatte, am Mittwoch um 11 Uhr in Bad Rothenfelde abgeholt. Als Fahrtziel hatte er eine Arztpraxis in Versmold genannt. Hier habe er einen Termin. Dort angekommen, soll der Mediziner allerdings die Behandlung abgelehnt haben. Eine Terminvereinbarung gebe es nicht, soll er gesagt haben. »Unseren Mitarbeitern hat er gesagt, er kenne den Patienten und behandele ihn nur gegen Vorkasse«, sagt Ruth Schleiwies, Geschäftsführerin des DRK-Rettungs- und Krankentransportdienstes. Der Bitte der Krankenwagenbesatzung, sich den Mann wenigstens kurz anzuschauen, sei der Arzt ebenfalls nicht nachgekommen. Ob dem Mediziner rechtliche Konsequenzen drohen, blieb gestern offen.
Dem Asylbewerber, dessen Abschiebung bis auf weiteres ausgesetzt ist und der sich nach seinem früheren Aufenthalt in Versmold zuletzt widerrechtlich einige Monate lang in Niedersachsen aufgehalten hatte, sei dann der Rücktransport nach Bad Rothenfelde angeboten worden, sagt Schleiwies. »Das hat er aber massiv abgelehnt.« Zudem sei eine offenbar mit einem Privatwagen angereiste Gruppe Familienangehöriger dazugekommen. Ruth Schleiwies: »Unsere Mitarbeiter haben überlegt, die Polizei zu rufen, um die Situation klären zu lassen.« Ihnen sei aber von den Angehörigen gesagt worden, dass sie sich dies gut überlegen sollten. Sie verzichteten dann darauf.
Die Angehörigen hätten plötzlich eine provisorische Liege in der Hand gehabt, der Patient habe gesagt, er wolle ins Rathaus. Hier müsse er noch einige Formalitäten klären. Die Krankenwagen-Besatzung ließ sich einen Vordruck über die Transportverweigerung vom Patienten und einem Angehörigen unterschreiben. Dann ließen sie den Mann im Rathaus zurück.
Die Stadt Versmold veranlasste die Einweisung ins Klinikum Ravensberg. Hier wird der 38-Jährige derzeit medizinisch betreut. »Für uns ist die Angelegenheit zumindest vorerst beendet«, erklärt Bürgermeister Thorsten Klute. Die aufenthaltsrechtlichen Fragen habe jetzt die Ausländerbehörde des Kreises zu klären. Hier war gestern keine ausführliche Stellungnahme mehr zu erhalten. Es sei aber davon auszugehen, dass der Gesundheitszustand oder andere Gründe, die bislang die Abschiebung des Mannes verhinderten, nun erneut überprüft würden.

Artikel vom 18.08.2006