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Vertrauensverhältnis ist angeschlagen

Gründung einer PPP-Gesellschaft sorgt für hitzige Diskussion -ĂŠOpposition verlässt Sitzung

Von Felix Quebbemann
Espelkamp (WB). Die Neustrukturierung der Reinigungsdienstleistungen in den öffentlichen Gebäuden der Stadt Espelkamp hat in der Sitzung des Hauptausschusses am Mittwoch für hitzige Diskussionen gesorgt. Sie endete schließlich sogar damit, dass die Vertreter der SPD, der Grünen, der Unabhängigen und der FDP den Sitzungsraum noch während der Diskussion verließen.

Grund hierfür war ihrer Meinung nach die mangelhafte Informationspolitik der Verwaltung. So sei ihnen eine vom Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax erstellte Wirtschaftlichkeitsprüfung der geplanten Public-Private-Partnership-Gesellschaft (PPP-Gesellschaft) nicht zugegangen, wie Paul-Gerhard-Seidel kritisierte. Er äußerte die Befürchtung, dass mit der schon stattgefundenen europaweiten Ausschreibung die PPP-Gesellschaft ohne Beschluss des Rates gegründet worden sei. »Dies wäre schlichtweg ein Skandal.«
Dr. Thomas Ax erklärte darauf, dass das zurzeit stattfindende Verhandlungsverfahren durch Aufhebung der Ausschreibung einstellbar sei. Er bescheinigte der Verwaltung eine einwandfreie Arbeit und erklärte, dass auch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung stattgefunden habe. Aber genau das war der Knackpunkt. Denn unter anderem SPD und Unabhängige kritisierten, dass sie diese Unterlagen nie zu Gesicht bekommen hätten.
»Es müssen doch Alternativen geprüft werden«, so Reinhard Hülsmann, Fraktionsvorsitzender der SPD. Paul-Gerhard Seidel mutmaßte, vielleicht habe die Verwaltung etwas zu verbergen und präsentiere deswegen die Akte dem Ausschuss nicht. Hülsmann stellte die Frage, ob Beschlüsse unter Zurückhaltung von Akten geschlossen worden wären. »Sollen wir die Kommunalverwaltung einschalten, um die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse zu prüfen?«
Dr. Thomas Ax erklärte, die Wirtschaftlichkeitsprüfung hätte ergeben, dass durch die PPP-Gesellschaft enormes Einsparpotenzial vorhanden sei. Ax unterstrich, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Schlüssel bei der Vergabe sei. Das Papier sei geheimhaltungsbedürftig. Wenn ein Betrieb die Zahlen kenne, habe dieser einen Vorteil. Zudem habe Ax es schon erlebt, dass Zahlen nach der Herausgabe in politischen Gremien der Öffentlichkeit bekannt gegeben wurden und das Verfahren zum Scheitern brachten.
Daraufhin baten die Oppositionsparteien um Sitzungsunterbrechung. Nach zehn Minuten wurde die Sitzung fortgeführt und Reinhard Hülsmann erklärte, dass durch die Äußerungen von Ax den Ratsmitgliedern vorgeworfen werde, sie würden offenen Rechtsbruch begehen. Das Vertrauensverhältnis sei angeschlagen und Hülsmann beantragte, Dr. Ax von seinen Aufgaben zu entbinden. »Das ist ein Stück aus dem Tollhaus.« Paul-Gerhard Seidel unterstrich, die Äußerungen von Dr. Ax seien »deutlich überzogen«.
Bürgermeister Heinrich Vieker beschwichtigte, dass Dr. Ax niemanden persönlich angegangen habe. Er machte den Vorschlag, der Opposition einen Auszug aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung zukommen zu lassen. Es bestehe die »Beschränkung der Verfügbarkeit«, so dass keine 100-prozentige Akteinsicht gefordert werden könne. Seidel erwiderte jedoch, er verlange eine gesamte Akteneinsicht. Auch Hülsmann erklärte, er wolle keine zensierte Akte.
Letztlich wurde der Antrag der SPD, Dr. Ax das Vertrauen zu entziehen, mit den Stimmen der CDU abgelehnt, was die Opposition dazu bewegte, den Saal zu verlassen und zu erklären, dass sie sich an der Diskussion zu diesem Punkt nicht mehr beteiligen werde. In einer gestrigen Sitzung von SPD, FDP, Grüne und Unabhängige einigten sich die Parteien darauf, eine einstweilige Verfügung auf Akteneinsicht zu beantragen. Zudem solle die Kommunalaufsicht eingeschaltet werden. Und Seidel wolle für sich persönlich prüfen, ob der Tatbestand der »manipulierten Akte« strafrechtliche Konsequenzen haben könne.
Friedhelm Niehof, CDU-Fraktionsvorsitzende, merkte in der Ausschuss-Sitzung an, dass das Verfahren unter der Federführung von Dr. Ax korrekt abgelaufen sei und dass Stadt und Politik doch jetzt auch den zweiten Schritt gehen und Gespräche mit den Bewerbern führen sollten, um festzustellen, wer der attraktivste Anbieter ist. Die CDU jedenfalls stehe einstimmig hinter diesem Verfahren. Aus 29 Bewerbungen wurden drei Betriebe herausgefunden, mit denen jetzt intensive Gespräche geführt werden sollen.

Artikel vom 18.08.2006