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Nach dem Training bessert der 20-Jährige seine Sprachkenntnisse mit spanischen Büchern auf. »Ich verstehe sogar alles«, sagt er mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

»Hauptsache verletzungsfrei bleiben«

Michael Parensen aus Eversen hat die Bundesliga noch nicht ganz aus den Augen verloren

Von Marco Fenske
Dortmund/Eversen. Passend zum Anpfiff des Bundesliga-»Krachers« Bayern München gegen Borussia Dortmund hatte es sich auch der Everser Michael Parensen vor dem Fernseher bequem gemacht. Und von dort aus seinen Mannschafts-Kollegen die Daumen gedrückt. Noch vor acht Monaten reiste er selbst mit den Borussia-Profis durch ganz Deutschland, nach einer schweren Knie-Verletzung gehört er vorerst allerdings wieder zum Kader des Regionalliga-Teams.

»Ich war ganz nah dran«, sagt der 20-Jährige heute und fügt im gleichen Atemzug an: »Wäre da nicht das Winter-Trainingslager in der Türkei gewesen.« Voller Tatendrang dort angekommen, verletzte sich das Fußball-Talent aus dem Kreis Höxter bereits am zweiten Tag, konnte den Rest der Woche bei den Trainingseinheiten nur zuschauen. Und musste später sogar am linken Knie operiert werden. Das erneute Saison-Aus. Schon im vorangegangenen Jahr musste Parensen nach einer schwereren Verletzung längere Zeit pausieren.
»Ich war total enttäuscht, hatte mir für Bundesliga-Rückrunde eigentlich so viel vorgenommen«, sagt er.
Das war vor acht Monaten. Mittlerweile kann Michael Parensen wieder schmerzfrei trainieren - einzig die Narbe am linken Knie erinnert ihn noch an seine alte Verletzung. »Ich muss natürlich wieder bei Null beginnen, mir meinen Status zurück erkämpfen«, weiß er und war daher auch wenig überrascht, als ihm vor wenigen Wochen BVB-Manager Michael Zorc per Handy mitteilte: »Du bestreitest die Saison-Vorbereitung bei den Amateuren.« Gesagt, getan.
Es ist 10.17 Uhr. Während BVB-Trainer Bert van Marwijk gerade in der Umkleidekabine verschwindet, steht Parensen an diesem Tag bereits mit der BVB-Reserve auf dem Trainingsplatz. Ein kurzes »Hallo« und dann trennen sich ihre Wege auch schon wieder.
Immer wieder schielt »Micha«, wie er in Dortmund genannt wird, zwischen den Dehn- und Kraftübungen Richtung Eingangsbereich, wo nach und nach auch die Borussen-Stars Metzelder, Sahin, Odonkor, Kringe und Kehl eintreffen und ihrem Trainer van Marwijk in die Umkleidekabine folgen.
Ein kurzes Nicken, eine grüßende Handbewegung, ein freundliches »Hallo« - keiner der Bundesliga-Profis geht wort- und regungslos an ihm vorbei. Sie alle kennen den 20-Jährigen. Sehr gut sogar. Mehrfach stand Parensen bereits im Profi-Kader, trainierte täglich mit Christian Wörns und Co., reiste mit den Stars zu Heim- und Auswärtsspielen und ging gelegentlich sogar mit ihnen feiern. »Die sind eigentlich alle ganz normal«, sagt er.
Es ist 11.21 Uhr. Mittlerweile haben sich auch die Profis ihre Laufschuhe angezogen und das Training begonnen. Für Parensen hingegen ist der Arbeitstag fast schon beendet - 20 Minuten hält er sich an diesem Tag noch im Kraftraum auf und dann geht's ab unter die Dusche.
Mit seinem schwarzen Opel Corsa (Baujahr 2001) verlässt er in Jogginghose um 12.29 Uhr das Trainingsgelände Richtung Innenstadt, wo er vor einigen Monaten eine 57 Quadratmeter große Wohnung bezogen hat. Zuvor wohnte er genau wie auch Shooting-Star Nuri Sahin (17), der gegen den FC Bayern erneut in der Startelf stand, im BVB-Jugendhaus, musste dann allerdings anderen B- und A-Jugendspielern Platz machen.
»Hier habe ich meine Ruhe kann mich völlig entspannen«, hat »Micha« die Vorzüge seiner eigenen vier Wände schnell ausgemacht. Der Everser spielt seit vier Jahren bei Borussia Dortmund, galt nach seiner Ankunft als eines der hoffnungsvollsten Borussia-Talente.
»Wenn Michael von Verletzungen verschont bleibt, wird er seinen Weg machen und irgendwann in der Bundesliga zu sehen sein«, prognostizierte der damalige A-Jugendtrainer und jetzige Amateurcoach Theo Schneider bereits vor zweieinhalb Jahren, als das WESTFALEN-BLATT den Ausnahmefußballer zum ersten Mal besuchte. Es kam bekanntlich alles ganz anders.
Mittlerweile sind die Amateure in die neue Saison gestartet. Ein Unentschieden, zwei Niederlagen -Êso lautet die Bilanz des frisch gebackenen Regionalliga-Aufsteigers. Auch die persönliche Ausbeute des 20-jährigen Parensen ist noch ausbaufähig: Er stand nur am zweiten Spieltag beim FC St. Pauli (1:2) in der Startelf.
Auf die Frage nach seinem persönlichen Saisonziel sagt Parensen daher auch ohne lange zu überlegen: »Es ist für mich ein entscheidendes Jahr. Mein größter Wunsch ist es, dass ich verletzungsfrei bleibe.«
Denn dann könnte Amateur-Trainer Theo Schneider mit seiner Prognose am Ende vielleicht doch noch Recht behalten.

Artikel vom 17.08.2006