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»Man darf als Trainer
nicht so empfindlich sein«

Der Rücktritt von Jos Luhukay: WV-Umfrage bei den Ex-Trainern

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). Günther Rybarczyk als jetzt ehemaliger Sportlicher Leiter und Markus Gellhaus als aktueller Interimscoach sind noch direkt betroffen. Doch wie denken die anderen Ex-Cheftrainer des Fußball-Zweitligisten SC Paderborn über den Rücktritt von Jos Luhukay?

Von Pavel Dotchev bis Fritz Grösche - diese Zeitung hat sich bei den Männern, die in den vergangenen Jahren auf der Bank des SCP saßen, einmal umgehört.

Pavel Dotchev»Der Auftritt von Herrn Finke in der Spielerkabine ist absolut normal, das sollte man nicht überbewerten. Spielerverpflichtungen dürfen dagegen nicht ohne Wissen des Trainers ablaufen, so etwas ist nicht in Ordnung. Aber wenn ich das richtig gelesen habe, hätte Finke vor der Unterschrift Jos Luhukay informiert und mit ihm den Transfer noch diskutiert. Deshalb sollte man auch da als Trainer nicht so empfindlich sein und sofort zurücktreten. So etwas muss man intern - und dann ruhig mit aller Schärfe und Härte - besprechen. Schließlich trägt man als Cheftrainer eine besondere Verantwortung und steht auch bei seiner Mannschaft in der Pflicht.«
¥ Pavel Dotchev war vom 11. Februar 2003 bis zum 30. Juni 2005 als Cheftrainer im Amt.

Uwe Erkenbrecher »Die aktuellen Ereignisse und Entwicklungen beim SC Paderborn haben bundesweit für eine große Überraschung gesorgt, aber das kommentiere ich nicht. Dazu fehlt mir das nötige Hintergrundwissen. Den Hut ziehe davor, was beim SCP in den vergangenen zwei Jahren sportlich alles passiert ist. Ich war selbst ein paar Mal im Löns-Stadion und habe gesehen, was für einen guten Fußball die Mannschaft spielt. Am Sonntag wäre ich auch ohne Trainer-Theater in Braunschweig gewesen. Die Karten hatte ich bereits drei Tage vorher angefordert, einen Zweitligastart vor der Haustür darf man sich als Trainer nicht entgehen lassen. Und wenn es sich dann auch noch um den SC Paderborn handelt, sowieso nicht.«
¥ Uwe Erkenbrecher war vom 3. Dezember 2001 bis zum 10. Februar 2003 als Cheftrainer im Amt.

Marco Kostmann »Ich kenne keine Interna und möchte daher die Rücktritte von Jos Luhukay und Günther Rybarczyk gar nicht näher kommentieren. Dennoch sehe ich den SCP jetzt in großer Gefahr, denn der Höhenflug der vergangenen Monate war doch sehr mit den Namen Luhukay und Rybarczyk verbunden. Beide haben offensichtlich sehr gut zusammengearbeitet, insgesamt hatte man den Eindruck, hier greift ein Rädchen ins andere. Es ist für mich persönlich einfach nur schade, dass diese absolut positive Entwicklung in der Form nicht mehr weiter geht.«
¥ Marco Kostmann war vom 14. Oktober 1999 bis zum 23. Dezember 1999 als Cheftrainer im Amt.

Fritz Grösche »Ich hoffe, der SC Paderborn kommt zumindest sportlich noch relativ unbeschadet da raus. Die Mannschaft darf jetzt bloß keinen Knacks bekommen. Schließlich hat es mehr als 20 Jahre gedauert, sehr viel Geld gekostet und noch mehr Herzblut von Präsident Wilfried Finke benötigt, dass in Paderborn endlich wieder der Bundesliga-Ball rollt. Das Gespann Jos Luhukay und Günther Rybarczyk hat hervorragende Arbeit geleistet. Immer sehr akribisch, sachlich und sehr ruhig - das war absolut professionell. Man hatte als Beobachter immer das Gefühl: Hier passt alles zusammen. Genau das hat ja den Verein in der zweiten Liga auch so stark gemacht. Wilfried Finke bleibt jetzt nur zu wünschen, dass er die richtigen Entscheidungen trifft und die Leute findet, die sein sportliches Lebenswerk weiter fortführen. Aus der Distanz kann man sich kein abschließendes Urteil über das erlauben, was beim SCP abgelaufen ist. Die T-Shirt-Aktion (Anmerk. der Red.: »Danke Jos Luhukay!!!) der Mannschaft vor dem Spiel in Braunschweig fand ich schon sehr bemerkenswert. So etwas sieht man in diesem knallharten Geschäft Profifußball nur ganz selten.«
¥ Fritz Grösche war vom 1. Juli 1999 bis zum 13. Oktober 1999 als Cheftrainer im Amt. In der Saison 1982/83 hatte er den TuS Schloß Neuhaus in die zweite Liga geführt.

Artikel vom 18.08.2006