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»Das lange Schweigen
ist mir unerklärlich«

Heinz Schön kennt Nobelpreisträger Grass persönlich

Von Curd Paetzke
Herford (HK). »Ich wusste nur, dass er Flak-Helfer war.« Herfords ehemaliger Theaterleiter und Buchautor Heinz Schön (»Die Gustloff-Katastrophe«), der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass persönlich kennt, zeigt sich von dessen spätem Geständnis, Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein, überrascht.

Zu einer ersten Begegnung zwischen Grass und Schön war es bei der Leipziger Buchmesse 2002 gekommen. Der bekannte Schriftsteller (»Die Blechtrommel«) hatte für seine jüngste Novelle »Im Krebsgang« auf die Gustloff-Dokumentationen von Heinz Schön zurück gegriffen. Der frühere Verkehrsdirektor der Werrestadt fühlt sich Grass zwar zu Dank verpflichtet (»Er hat mitgeholfen, die Tragödie der Wilhelm Gustloff weltweit bekannt zu machen.«), doch findet er ebenso kritische Worte: »Auch andere seines Jahrgangs wurden bei Kriegsende als ÝLetztes Aufgebot HitlersÜ zur Waffen-SS eingezogen und hatten keine Chance, sich dagegen zu wehren; die Zugehörigkeit von Günter Grass als damals 17-Jähriger zur Waffen-SS aber ein Leben lang zu verschweigen, ist für mich unerklärlich.«
Besonders betroffen, schreibt Schön in einer Stellungnahme weiter, sei das Ausland - vor allem Polen, das den Danziger geradezu verehre. Schön: »Es sollte mich nicht wundern, wenn die Danziger von Grass fordern werden, den ihm verliehenen Ehrenbürgerbrief zurück zu geben.« Die Enthüllung werfe Schatten auf seine Karriere als Schriftsteller - und auch auf einen Mann, der viele Jahrzehnte als politisch Aktiver bekannt war. Schön: »Die Frage, warum er in seinem demnächst erscheinenden neuen Buch ÝDie Häutung der ZwiebelÜ diesen Teil seiner bisher unbewältigten Vergangenheit so schonungslos offen legt, kann er nur selbst beantworten.«

Artikel vom 16.08.2006