16.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Russenbär aus Deutschland

Ivan Rebroff gastierte in der Herforder Johanniskirche

Von Hartmut Horstmann
Herford (HK). Die Liebe zur Musik hält Ivan Rebroff jung. Zwar gehört der Kosakentanz nicht mehr zum Repertoire des 75-Jährigen, doch versteht er es nach wie vor, sein Publikum mit Klassikern wie Kalinka zu begeistern und zum kollektiven Mitklatschen zu animieren.

350 Fans von Ivan Rebroff waren am Montagabend in die Johannis-Kirche am Neuen Markt gekommen. Sie erlebten einen gut gelaunten Sänger, der nach dem Konzert bereitwillig viele Autogramme gab. Rebroff strahlt Optimismus aus. Einen Grund hierfür liefert die Musik, wie der Künstler unter Hinweis auf eine Bandscheiben-Operation erklärt. Es sei gut, dass der Schöpfer nicht auch in die Kehle Bandscheiben installliert habe. Andererseits hätten ihm die Erfahrungen auch etwas deutlich gemacht: »Nichts auf der Welt ist so permanent negativ, dass man nicht noch etwas Positives entdecken könnte.«
Die Gehhilfe, ein Stock, verleiht dem Mann mit der russischen Seele etwas Majestätisches, der Sessel, auf dem er manchmal Platz nehmen muss, wird zum Thron.
Zu den Liedern, die er im ersten Teil zu Gehör bringt, zählt Franz Schuberts »Ave Maria«, wobei Ivan Rebroff den Brückenschlag zwischen westlicher Komposition und zaristischen Instrumenten betont: »Ost und West - und in der Mitte der Westöstliche Ivan.«
Der russische Bär, der in Deutschland geboren wurde, ist auch stimmlich in die Jahre gekommen. Und so bezieht sich die Anteilnahme des Publikums nicht nur auf die aktuelle Gesangsleistung des Interpreten, sondern sie stellt vor allem eine Verneigung vor einem Lebenswerk dar. Rebroff hat sich für die russische Kultur eingesetzt, als das Land von der westlichen Welt mit blutiger Diktatur in Verbindung gebracht wurde.
Der Mann mit der Pelzmütze äußert seine Genugtuung, dass Hammer und Sichel Vergangenheit sind, trägt russisches Liedgut vor. Eines handelt von einer Nachtigall, erzählt von der Macht der Liebe, die in der Lage ist, den Tod zu überleben.
Nach der Pause folgten dann zwei Lieder, die in Deutschland für alle Zeiten mit dem Namen Ivan Rebroff verbunden sind: »Kalinka« und »Wenn ich einmal reich wär.« Mit der Rolle des »Milchmanns Tevje« in dem Musical »Anatevka« war ihm im Jahr 1968 der internationale Durchbruch gelungen. Die Freude, mit der Rebroff dieses Lied singt, überträgt sich noch heute auf die Zuhörer. Zufrieden gingen sie nach Hause.

Artikel vom 16.08.2006