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Können uns Verzicht auf Wissen nicht leisten

Beschäftigungspakt »Generation Gold« eröffnet wieder Chancen auf dem Arbeitsmarkt


Brakel (wes). Ab dem Jahr 2010 wird sich der Arbeitsmarkt in Deutschland drastisch ändern. Dies war nur ein Grund, warum sich Unternehmer und Politiker in den Räumen der Backstube Siebrecht unter dem Motto »Weniger-älter-bunter -Ê Erfahrungen wertschätzen« eingefunden haben, um darüber zu informieren, wie man Arbeitnehmer jenseits der 50 Jahre in das Berufsleben reintegrieren kann.
Karsten Jarick, Geschäftsführer der Backstube Siebrecht, belegte zunächst anhand seines eigenen Unternehmens, dass es durchaus möglich sei, auch in dem körperlich anstrengenden Job des Bäckers ältere Personen zu beschäftigen. »Am Standort in Brakel haben wir mehr als 1000 Beschäftigte. Von denen sind 25 Prozent älter als 25 Jahre«, erläuterte Jarick. Bundesweit stehe man noch besser dar. Von den 1900 Beschäftigten sind 469 über 50. »Wir halten daran fest, Mitarbeiter nicht vorzeitig zu entlassen, sondern bis zum Renteneintrittsalter auf ihre Berufserfahrung zu vertrauen«, erklärte Jarick weiter.
Die stellvertretende Landrätin Carola Breker nannte die Gründe für die demographische Entwicklung in der Bundesrepublik. »Wir selbst haben unsere Gegenwart verändert und die Zukunft des Landes mitbestimmt, da in den vergangenen 30 Jahren weniger Kinder zur Welt gekommen sind«, berichtete Breker.
Weniger Kinder bedeuteten weniger Eltern. Seit Anfang der 70er Jahre sei jede Generation um ein Drittel älter gewesen als die der Eltern. »Wer Arbeit hat, muss immer mehr für andere mitarbeiten«, präzisierte Carola Breker ihre Aussage. Dennoch sei man dem demographischen Wandel nicht hilflos ausgesetzt. Der Beschäftigungspakt »Generation Gold« gebe denjenigen, die älter als 50 sind, ihre Chancen auf dem Markt wieder. »Wir können uns keinen Verzicht auf das Wissen und die Erfahrung leisten«, so Breker. Die unberechtigten Vorurteile gegenüber Älteren müssten beiseite geschafft werden.
Sybille Petry, Geschäftsführerin von »gpdm«, zeigte auf, dass die Bevölkerungsentwicklung in den Kreisen Höxter und Soest rückläufig sei. Lediglich in Paderborn gehe es bis 2010 noch bergauf. »Eine veränderte Altersstruktur in unserer Gesellschaft wirft auch neue Fragen zur Personalpolitik auf«, schlussfolgerte Petry. Lediglich 40 Prozent der Betriebe beschäftigen demnach Mitarbeiter über 50. Der Grund dafür sei die »Vorruhestandskultur«.
In Anlehnung an die Aussage von Carola Breker wies Petry daraufhin, dass seit Anfang der 70er Jahre die Reize für den vorzeitigen Erwerbsausstieg in allen Arbeitsbereichen enorm gesteigert wurden. Die Erwerbsquote der 60 bis 64-jährigen sank im Zeitraum von 1965 bis 1995 von 78 Prozent auf 33.
»Aber durch die gesetzliche Anhebung des Renteneintrittsalters und finanzielle Einbußen bei früherer Verrentung werden wir länger arbeiten müssen und dürfen«, schilderte Sybille Petry die kommenden Jahre.
Der Geschäftsführer der ARGE Höxter, Martin Schoppmeier, erläuterte den Sinn und Zweck seiner Arbeitsgemeinschaft zwischen dem Kreis Höxter und der Bundesagentur für Arbeit. Gründe für die Beteiligung von immer mehr Bedarfsgruppen sieht Schoppmeier im Wunsch, den demographischen Wandel aktiv zu gestalten und dem Fachkräftemangel im Mittelstand frühzeitig zu begegnen. »Dazu muss man gemischte Belegschaften in den Blick nehmen, Wissen und Qualifikation im Unternehmen halten und Neuzugängen Erfahrungen bereitstellen«, ist sich Martin Schoppmeier ausgesprochen sicher.

Artikel vom 16.08.2006