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SCP-Theater
geht weiter

Finke schießt gegen Rybarczyk

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). Der Chefcoach blieb, wie nicht anders erwartet, bei seinem »Nein«. Gestern Morgen schloss Präsident Wilfried Finke auch die Suche nach dem Hauptschuldigen am Paderborner Trainer-Theater ab. Für den SCP-Boss trägt der Auslöser diesen Namen: Günther Rybarczyk.

Rybarczyk habe ihn »ins offene Messer laufen lassen«, »grob fahrlässig und unverschämt« gehandelt und letztlich »pflichtverletzend« gearbeitet. Diese Vorwürfe sind ganz starker Tobak und prasselten gestern nur so auf den 54-Jährigen nieder, der als Spieler, Trainer und Sportlicher Leiter seit mehr als 20 Jahren den Fußball in Paderborn an ganz entscheidenden Stellen mitbestimmt hat.
Hat tatsächlich Rybarczyks unprofessionelle Informationspolitik (siehe auch Bericht im überregionalen Sportteil) den Rücktritt von Jos Luhukay ausgelöst und dem Verein damit die erste ernsthafte sportliche Krise seit dem Zweitliga-Aufstieg beschert?
Zumindest eins ist Fakt: In den vergangenen 14 Zweitliga-Monaten übte Wilfried Finke nicht einmal öffentliche Kritik am Trainer. Selbst in der Phase, als das Team in sieben Spielen sieglos blieb, war der Klub-Boss (äußerlich) die Ruhe selbst. Außerdem stellte sich Finke nach eigenem Bekunden den personellen Wünschen von Luhukay nicht in den Weg, was er am Dienstagvormittag an zwei Beispielen darstellte.
Alexander Löbe: Als Luhukay im vergangenen Sommer deutlich machte, dass der Aufstiegsgarant nicht in sein System passen würde, transferierte der Klubchef seinen Kapitän und Torjäger kurzerhand zum damaligen Regionalligisten und aktuellen Zweitliga-Aufsteiger Rot-Weiss Essen.
Jörg Böhme: Als der Ex-Nationalspieler (jetzt Arminia Bielefeld) vor vier Wochen beim SCP anfragte, beendete Finke im dem Moment alle Gespräche, als Luhukay signalisierte: Den will ich nicht.
Das zeigt, welche Wertschätzung Luhukay beim Präsidenten genoss. Deshalb klingt es auch glaubhaft, wenn Finke versichert: »Hätte ich von Luhukays Rücktrittsgedanken auch nur etwas geahnt, wäre niemand zur Spielerbeobachtung nach Tirana geflogen. Und ich bin mir auch zu 100 Prozent sicher, dass es nie zum Rücktritt gekommen wäre.« Bei dem geheimnisvollen Nationalstürmer Albaniens handelt es sich übrigens um Salihi Hamdi Der stand schon vor einem Jahr auf der Paderborner Wunschliste, verweigerte damals aber kurzfristig den eigentlich schon beschlossenen Transfer.
Die Pressekonferenz am Dienstagmittag fand selbstverständlich ohne Rybarczyk statt, denn der hat seit Freitag auch kein Amt mehr beim SCP. Was Außenstehende allerdings verwunderte, war, dass dem Ex-Manager nicht zumindest noch am Montag, als der enge Führungszirkel des SCP tagte, die Gelegenheit gegeben wurde, seine Sicht der Singe zu erläutern.
Gestern wollte Rybarczyk die Anschuldigungen nicht weiter kommentieren. Er werde alle Vorwürfe sammeln und dann dazu wahrheitsgemäß Stellung nehmen. An einer Schlammschlacht ist der Angestellte der Sparkasse Paderborn verständlicherweise nicht interessiert, machte gestern aber auch deutlich: »Hier wurde ein Sündenbock gesucht. Jetzt werde ich versuchen, diese unwürdige Geschichte möglichst schnell zu beenden.«
Die wurde von Wilfried Finke übrigens noch um eine Anekdote bereichert: Eine Woche vor dem Meisterschaftsspiel des SCP in Siegen (13. April, Anmerk. d. Red.) habe er Rybarczyk den Auftrag erteilt, sich um den portugiesischen Stürmer Cafú (jetzt SC Freiburg) zu kümmern. »In acht Tagen ist es Herrn Rybarczyk nicht gelungen, die Telefonnummer des Siegener Stürmers ausfindig zu machen. Dieses Problem hätte ausnahmslos jeder meiner Lehrlinge für den Verein gelöst.«
Eine verbale Breitseite, eine andere folgte noch. »Ich weiß nicht, welche Intention Günther Rybarczyk mit seinem Rücktritt verfolgt hat. Den Solidarweg mit Luhukay ist er jedenfalls nicht von Anfang an mitgegangen«, spielte Finke auf den erst zwei Stunden später erfolgten Rybarczyk-Abschied an.
Zwei Aussagen, die deutlich machen: Diese Herren haben sich nichts mehr zu sagen. Eine Paderborner Männerfreundschaft ist am Trainer-Theater zerbrochen.

Artikel vom 16.08.2006