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Brillant-perfekte
Verzierungskunst

Ensemble »La Gioia« in Dalheim

Von Wolfgang Günther
Paderborn (WV). Im zweiten Konzert der »Dalheimer Tage alter Musik« gab das Kölner Ensemble »La Gioia« einen fröhlich-unterhaltsamen Abend mit Musik aus der Barockzeit und damit einen Geschmack von der Lebensart dieser Zeit.

Die Untertitel »La Dolce Vita« und »Il Giardino« charakterisierten gleichsam das Programm und stellten eine Beziehung zum Motto des Dalheimer Sommers 2006 her: »Der Gärten Zier«. Durch kurze einführende Zwischentexte, vor allem aber durch die lockere, leichtgängige, auf höchstem Niveau stehende Instrumentaltechnik, mit der das Ensemble diese froh machenden und unmittelbar ansprechenden Kompositionen gestaltete, entstanden echte »Hörbilder«. In den Erläuterungen entstand gleichsam vor dem geistigen Auge des Hörers die hohe Gartenbaukunst des Barock, in der er sich - begleitet mit schöner Musik - bewundernd ergehen konnte.
Im ersten Teil des Programms wurde erkennbar, dass das Ensemble auch Werke unbekannter barocker Meister realisieren möchte: so etwa von Buonamente, Fontana, Williams und Schmelzer, die Werke in der Gattung der »alten Sonate« geschrieben haben. In den beiden Eckwerken des Abends - der Sonate von Buonamente und dem Concerto D-Dur von Vivaldi - spielte das gesamte Ensemble mit Stephanie Bosch (Traversflöte und Blockflöte), Christof Boerner (Violine), Julia Belitz (Oboe und Blockflöte), Julie Mondor (Violoncello) und Alexander Puliaev (Cembalo). Solistische Gruppierungen gab es in den Sonaten von Fontana und in den beiden Sonaten mit Imitationen von Vogelstimmen von Williams und Schmelzer.
Die in den Ziergärten von den Adeligen »nachgespielten« Schäferidyllen verklanglichte Vivaldi in seinem Concerto »La Pastorella«. Die allmählich aufkommende Mehrsätzigkeit des Sonate entsprach wohl auch der Ordnung und Symmetrie in den Gartenanlagen; für damalige Ohren ungewöhnlich herausfordende harmonische Wendungen waren allegorisch für die beliebten Irrgärten.
Mit einem Concerto von Vivaldi begann der zweite Teil des Abends. Telemann übernimmt in seiner Suite g-Moll aus »Der getreue Musikmeister« französische Stilmittel, vor allem in der rhythmisch markanten Ouvertüre. Der Satz »Sans Souci« führt dann an den Hof Friedrichs des Großen. Hierbei verwies das Ensemble auf die Ausdrucksmöglichkeiten, die Affekte in den einzelnen Sätzen unterschiedlichen Stimmungen gleichzusetzen.
Für das Publikum recht unterhaltsam, für die einzelnen Mitglieder des Ensembles eine Herausforderung an die Spieltechnik im Schlussstück des Abends: im Concerto a-Moll von Telemann. »La Gioia« musizierte mit viel Können bis hin zur Virtuosität. Die brillante, absolut perfekte Darbietung der Verzierungskunst war mitreißend und bewundernswert und nie bloßer Selbstzweck. Im Zusammenspiel war die Dynamik wohltuend ausgewogen und absolut homogen. In der Realisation legte das Ensemble Wert auf eine stilistisch einwandfreie historische Aufführungspraxis.
Als Zugabe erklang noch einmal der dritte Satz aus dem Concerto »La pastorella« von Vivaldi.

Artikel vom 15.08.2006