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Klinik-Ärzte weiter im Streik

Neun kommunale Krankenhäuser in Ostwestfalen-Lippe betroffen

Von Burgit Hörttrich und
Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Der Streik der Ärzte an kommunalen Krankenhäusern, zunächst auf eine Woche bis Sonntag terminiert, wird in Ostwestfalen-Lippe unbefristet fortgesetzt.

Dr. Theo Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Vorstandsmitglied der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, sagte am Freitag während einer zentralen Protestversammlung der Mediziner in Bielefeld: »Dass die Tarifpartner sich am Montag zu Verhandlungen treffen, bedeutet ja nicht, dass auch ein akzeptables Ergebnis erzielt wird. Es besteht keine Friedenspflicht während der Verhandlungszeit.«
Neben den beiden kommunalen Bielefelder Krankenhäusern Mitte und Rosenhöhe würden sich auch die sieben bereits bestreikten Kliniken in Ostwestfalen-Lippe anschließen. Betroffen sind das Klinikum Herford, der Zweckverband Kliniken Bad Oeynhausen, das Klinikum Lippe-Detmold, das Klinikum Lippe-Lemgo, das Klinikum Minden, das Krankenhaus Lübbecke und die Städtischen Kliniken Gütersloh.
Zu Protestmarsch und anschließender Kundgebung trafen sich nach Schätzungen des Bielefelder Streikleiters Dr. Christian Leuner gut 300 Ärzte aus Westfalen-Lippe. Sie intonierten »Schnauze voll, Schnauze voll«, wiesen darauf hin, dass ein Notarzt pro Stunde ein Einkommen von neun Euro habe und ließen orangefarbene Marburger-Bund-Luftballons aufsteigen nach dem Motto: »Wir gehen weiter in die Luft.«
Die Ärzte fordern »Schluss mit den Marathon-Diensten«, Schluss mit »arztfremden Tätigkeiten«, ein »faires Grundgehalt« und vollständige Bezahlung der geleisteten Arbeit.
Im Bielefelder Klinikum Mitte ständen, so Windhorst, 400 Betten leer. Die Rosenhöhe, ergänzt Dr. Rainer Pohl, sei »maximal zur Hälfte belegt, 150 Betten sind frei«. Die Mediziner loben die Solidarität der niedergelassenen Ärzte: »Eingewiesen werden wirklich nur noch Notfälle.«
Die Stimmung bei den streikenden Medizinern sei, so Windhorst, gut, auch das Pflegepersonal stehe hinter den Ärzten und auch die Patienten bewiesen »sehr großes Verständnis«.
Die Demonstranten trugen ihre weißen Kittel zu orangefarbenen Mützen, Trillerpfeifen, Ratschen und Transparenten, dazu Landesfahnen der Länder, die »Ärzten deutlich mehr zahlen«: der Schweiz, Dänemark etc.
Geplant seien jetzt, solange der Streik dauert, wöchentlich zwei Treffen, um das jeweils weitere Vorgehen zu besprechen. Dr. Rainer Pohl: »Wir entscheiden von Tag zu Tag neu - es kann sich ja etwas bewegen.«
Mit einer ungewöhnlichen Protestaktion auf der Zugspitze haben am Freitag zudem Ärzte aus ganz Deutschland ihre Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen untermauert. »Mehr Arbeit, weniger Geld: Das ist der Gipfel«, hieß es auf einem Transparent, das die Mediziner bei Schneefall und dichtem Nebel auf dem mit 2962 Metern höchsten Berg Deutschlands entrollten. Bundesweit legten nach Angaben des Marburger Bundes mehr als 16 000 Mediziner in 168 kommunalen Krankenhäusern die Arbeit nieder.

Artikel vom 12.08.2006