14.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Wie unter einem Fallbeil«

Bekannte Bildhauerin nach Bahnschranken-Unfall verletzt

Von Jörn Hannemann
Herford (han). Den Schreckensmoment, als die stählerne Schranke sie am Nacken traf, wird Christel Suchanek nie vergessen: »Es war ein Albtraum, einfach nur furchtbar. Die Schranke war wie ein Fallbeil, das heruntersaust. Ich dachte, jetzt werde ich geköpft - dann verlor ich das Bewusstsein.«

Mit schweren Prellungen und einem Rippenbruch liegt die 87-Jährige auf der Station 3a im Mathilden Hospital. Auch mehrere Tage nach dem Unfall an der Ahmser Straße (siehe Bericht in der Samstagsausgabe) schmerzt noch jede Bewegung. Kissen stützen ihren Nacken, der das Gewicht tragen musste.
Eigentlich wollte die bekannte Bildhauerin, die unter anderem eine Plastik für den ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau fertigte und ihre Werke mehrfach ausstellte, nur einem kleinen Mädchen eine Freude machen: »Ich war zum Kaffeetrinken bei einer Freundin eingeladen.« Deren Tochter Manuela sei gerade eingeschult worden. Ihr wollte sie gratulieren.
Um zu deren Haus zu gelangen, musste die Rollstuhlfahrerin die Gleise an der Ahmser Straße überqueren. »Das ist nichts Besonderes«, betont das Opfer. Mehrmals pro Woche kommt die Rollstuhlfahrerin hier vorbei - wenn sie ihren Hausarzt aufsucht oder zum Einkaufen fährt.
Als sie fast auf der anderen Seite des Übergangs angekommen war, spürte sie plötzlich einen Schmerz im Nacken. Ohne dass es die 87-Jährige merkte, hatten die Warnleuchten neben dem Andreaskreuz auf Rot geschaltet und die vier massiven rot-weißen Schranken sich gesenkt.
»Als ich den Schmerz spürte, wusste ich sofort, was passiert war. Ich dachte, das ist mein Todesurteil«, erinnert sich die Seniorin. Mehrere Augenzeugen eilten der 87-jährigen Frau, die inzwischen das Bewusstsein verloren hatte, zur Hilfe. Gemeinsam stemmten sie die Schranke hoch und schoben die Rollstuhlfahrerin aus der Gefahrenzone. Der Zug hatte währenddessen rechtzeitig stoppen können.
»Als sie sich auf dem Gleiskörper befand, schaltete die Ampel auf Rot. Dieses konnte die Frau jedoch nicht mehr bemerken«, stellte die Polizei hinterher fest.
Ob Christel Suchanek nun gegen die Bahn rechtliche Schritte einleitet, weiß die 87-Jährige noch nicht. Das Eisenbahnbundesamt und die Bundespolizei haben die Ermittlungen aufgenommen.

Artikel vom 14.08.2006