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Erika ist ganz
schön wählerisch

Nichts übrig für »falsche Kavaliere«


»Och, lassen Sie mir doch meine Geheimnisse«, sagt Eriken-Züchter Hans-Peter Holz und lächelt verschmitzt. Nein, er verrät nicht, wie er die winzigen Blüten der Topf-Erika, botanisch Erica gracilis, bestäubt, um später Samen zu ernten und dann - wenn er Glück hat, aus den Nachkommen Neuheiten zu selektieren. Eines steht fest: von Hand ist das nicht möglich. Die menschlichen Finger sind viel zu grob, um an Blütenstaub und Stempel heran zu kommen, ohne die Blüten zu zerstören.
Eriken, von denen es etwa 700 Arten weltweit gibt, sind mit ihren Reizen alles andere als offenherzig. Darin unterscheiden sie sich von ihrer nahen Verwandten, der Besenheide (Calluna vulgaris). Letztere öffnet weit ihre Blüten mit je vier gleich gefärbten Kelch- und Blütenblättchen. Entsprechend summt und brummt es in der Nähe, wenn die Besenheide in voller Blüte steht. Eriken hingegen sind wählerischer. Sie formen je nach Art rundum geschlossene Kelche, Krüge oder Urnen, um »falsche Kavaliere« fern zu halten. Nur an der Spitze springen die Blüten mit vier Zipfelchen auf und bilden einen engen Durchlass, der ausschließlich bestimmten Insekten den Weg zum Blütengrund und damit zum Nektar öffnet.
Doch auch viele andere Insekten können den Verlockungen der Erika nicht widerstehen und erfinden Tricks, um zu den Leckereien zu kommen. Wer die Blüten der heimischen Glockenheide (Erica tetralix) betrachtet, entdeckt oft ein verräterisches kleines Loch kurz hinter den Hüllblättchen. Gerade die dicken Hummeln sind klug und kräftig genug, um Mundraub zu begehen. Sie beißen einfach ein kleines Loch in die Blütenwand und angeln sich den begehrten Nektar direkt an der Quelle, ohne den Umweg durch den engen Blüteneingang.
Natürlich ist dies nicht im Sinne der Erika, denn Befruchtung findet so nicht statt. Doch einige Insekten wählen auch den »offiziellen« Weg und sorgen für Nachkommen, zur Freude der Züchter und der Gartenbesitzer. Meist arbeiten mehrere Züchter an neuen Linien von Erica gracilis, die das bisherige Sortiment bereichern werden. So hat zum Beispiel Hans-Peter Holz den altbewährten Herbstblühern mit seinen »Beauty Queens« ein völlig neues Gesicht gegeben. Kerzenförmig recken sich die dicht mit Blüten besetzten Triebe empor. Zum gewohnten Purpur oder Weiß gesellen sich zartes und kräftiges Rosa, Lachs sowie helles und dunkles Rot. Warum sie »Beauty Queens« heißen? Natürlich aufgrund ihrer Schönheit und weil sie alle königliche Namen tragen:' Fabiola, Sylvia, Elizabeth, Beatrix, Sissi, Paola, Sofie, Letizia, Juliana, Sirikit, Margrete.

Artikel vom 21.10.2006