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Banken ziehen wieder aus

Private Postagenturen verlieren ein wichtiges Zusatzgeschäft

Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Heinz Eusterhus (64) nimmt kein Geld mehr an. Zumindest nicht, wenn es auf ein Konto bei der Postbank eingezahlt werden soll. Der Drogerieinhaber und Postagenturbetreiber aus Avenwedde-Bahnhof hat einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet, demzufolge er keine Postbankgeschäfte mehr abwickeln wird.

Die Postbankkunden in den Gütersloher Stadtteilen werden auf den Alternativstandort verwiesen. Das ist die große Filiale an der Kaiserstraße, die wie 849 weitere Filialen dieser Größe in Deutschland seit Jahresanfang der Postbank AG gehört. Dort erwartet sie fortan eine »ganzheitliche Beratung«. Die Bank verbindet damit das Ziel, den Ertrag je Kunden zu erhöhen und die Kundenbindung zu festigen. Dazu sind Pilotprojekte angelaufen, in denen eine Erweiterung der Produktpalette getestet wird. Unter anderem geht es um Ratenkredite niedrigerer Bonitäten und neue Sparprodukte wie das »Quartalssparen«.
»Die Agenturnehmer verlieren damit ein Drittel ihres Umsatzes«, sagt Rolf Schönenberg, Landesvorsitzender des Interessenverbandes der Postagenturnehmer. So kündige die Postbank nahezu allen privaten Partnern, die in einem Umkreis von 15 bis 20 Kilometern an einer umsatzstarken Filiale angesiedelt seien. Wer den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibe, dem werde zum 1. Januar 2007 gekündigt.
Laut Postsprecher Friedrich Buttgereit reagiert die Postbank mit dem Entzug der Geschäfte nur auf das Kundenverhalten. »Unsere Kunden nutzen überwiegend das Online- und Telefonbanking. Die Postbank-Filiale ist zum reinen Automatencenter geworden.« Über eine Kooperation mit der Deutschen Bank, der Dresdner Bank, der Commerzbank und der Hypo-Vereinsbank werde es Postbank-Kunden ermöglicht, deren Automaten kostenlos zu nutzen, um sich mit Bargeld zu versorgen. Dem Kundenandrang in der Postfiliale an der Kaiserstraße versuche man mit einem flexiblen Personaleinsatz zu begegnen: »Wir realisieren die Kundenströme und setzen zu Stoßzeiten gezielt mehr Personal ein. Das funktioniert gut. Doch wenn plötzlich ein ganzer Bus mit Postbankkunden vorfährt, kann es zu Wartezeiten kommen.«
Dem Hinweis auf das Kundenverhalten schenkt Schönenberg keinen Glauben. Es sei inzwischen Postagenturen mit zwei oder drei Kundenschaltern gekündigt worden, die mehr als 200 Geldtransaktionen am Tag vorweisen konnten. »Es geht nur noch darum, lästige Konkurrenz los zu werden. Die privaten Partner von gestern haben ihre Schuldigkeit getan.«

Artikel vom 09.08.2006