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Jeder Streiktag kostet das Klinikum 30 000 Euro

Seit Beginn des Ärzte-Tarifkonfliktes ist die Bettenbelegung um 10 Prozent gesunken

Von Jörn Hannemann
Herford (HK). Der Umgang mit Trillerpfeife und Ratsche wird für die Ärzte am Herforder Klinikum mittlerweile zur Routine. Rund 30 Ärztinnen und Ärzte standen auch gestern wieder auf der Straße. Die wirtschaftlichen Folgen für das Klinikum sind beträchtlich.

Klinikchef Martin Eversmeier geht davon aus, dass ein »Streiktag das Klinikum etwa 30 000 Euro kostet.« Vor Beginn des Tarifstreits habe die Bettenbelegung zwischen 87 und 90 Prozent betragen. »Inzwischen ist sie auf 75 bis 77 Prozent gesunken - um mehr als zehn Prozent«, erläuterte Eversmeier gestern. Der 41-jährige Klinikchef spricht von einer »prekären Lage«. Nicht nur der wirtschaftliche Schaden sei enorm, falls der Streik mehrere Wochen andauern würde. »Es wächst auch die Angst, dass die Versorgung der Bevölkerung leidet.« Insbesondere weil die Kliniken Herford und Minden sowie das Krankenhaus in Lübbecke einen hohen prozentualen Anteil der Bürger in der Region versorgen: »Deshalb fordere ich natürlich alle Verhandlungspartner auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren.« Von einem Haustarifvertrag mit einer übertariflichen Bezahlung hält Martin Eversmeier nichts. »Wir gehören zum Kommunalen Arbeitgeberverband.«
Währenddessen geht der Streik weiter. Gestern warben die Mediziner auf dem Alten Markt um Verständnis und Unterstützung für ihre Situation. Die Ärzte fordern mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen und einen eigenen Tarifvertrag. 90 Prozent der angesprochenen Bürger haben sich nach Auskunft der Anästhesistin Dr. Iris Rodenberg mit den Forderungen der Mediziner solidarisiert. Mehr als 400 Passanten trugen sich in Unterschriftenlisten ein. Auch Wilfried Boemerl: »Früher bin ich Lkw gefahren. Nach acht Stunden war ich völlig geschafft. Viele Ärzte müssen aber noch länger arbeiten.« Unmöglich, findet der 64-Jährige, »vor allem bei der Verantwortung.«
Heute will die streikende Ärzteschaft zur Arbeitsagentur Minden fahren und sich über Stellen in England, Skandinavien und Holland informieren - wo es bessere Arbeitsbedingungen geben soll.

Artikel vom 09.08.2006