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Fußboden ist sein Nachtlager

Ralf Tischler hat städtische Wohnung - Arge lehnt Möbel ab

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Foto)
Löhne (LZ). Ralf Tischler (41) sitzt auf dem Fußboden und ist ratlos. Der Hartz-IV-Empfänger hat nach seiner Obdachlosigkeit von der Stadt eine Wohnung zugewiesen bekommen. Doch Möbel gibt es nicht für ihn.

Mit dem arbeitslosen Lageristen ging es steil bergab, als er seine Wohnung verlor (LÖHNER ZEITUNG vom 5. Juli). Der gelernte Maler und Lackierer kann diesen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausführen. Er arbeitete nach seinem Umzug von Essen nach Löhne vor drei Jahren als Lagerist. Die Arbeit verlor er im Dezember 2004. Er hoffte auf eine durch die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit im Kreis Herford (Arge) in Aussicht gestellte Umschulung. Als ihm die Hartz-IV-Leistungen wegen vermuteter eheähnlicher Gemeinschaft gekürzt wurden, zog er aus und meldete sich obdachlos. Bei einer 43-jährigen Löhnerin, zweimal geschieden und mit drei Kindern hatte Ralf Tischler nach seiner Aussage ein Zimmer gemietet: »Die anderen Räume durfte ich mitbenutzen«. Ein Sozialgerichtsverfahren ist noch nicht rechtskräftig. Seit dem 1. August gilt die Beweisumkehr: Der Betroffene muss glaubhaft machen, dass es sich nicht um eine eheähnliche Gemeinschaft handelt, die zur Mitfinanzierung des Arbeitslosen herangezogen werden muss.
Fünf Tage nach der Abmeldung bei der Meldebehörde in die Obdachlosigkeit wurde Ralf Tischler an der Hochstraße in Gohfeld eine Wohnung durch die Stadt zugeteilt. »Das ging sehr schnell«. Die Miete wird von der Stadt übernommen, die beantragte Renovierungshilfe wurde gewährt. Von seinem Arbeitslosengeld II in Höhe von 345 Euro monatlich gehen unter anderem Strom- und Telefonkosten ab.
Bei der Arge wurde sein Antrag auf eine Möbel-Erstausstattung abgelehnt. »Woher soll ich jetzt ein Bett bekommen?« fragt sich der 41-Jährige. Mit dem Hinweis, dass er vor dem 1. Juli einen eigenen Hausstand gehabt habe, sei die Möbel-Beschaffung abgelehnt worden. »Es interessierte gar nicht mehr, dass die Möbel größtenteils von meiner Ex stammten, dass wir uns gebrauchte Möbel vom Sperrmüll geholt haben, die nicht mehr zu benutzen waren. Somit stehe ich ohne Möbel da.«
Horst Janzon, Teamleiter der Arge in Löhne, bestätigt der LÖHNER ZEITUNG, dass lediglich Erstausstattungen gefördert würden, wenn vorher noch nie eine eigene Ausstattung vorhanden gewesen sei. Somit stünden gebrauchte Möbel zur Verfügung. Es handele sich allerdings noch um ein schwebendes Verfahren, über das er keine Auskunft geben könne. Die Entscheidungen würden jedoch abgewogen und im rechtlichen Rahmen getroffen.
Ob dies bedeutet, dass Ralf Tischler doch noch zu einer Möbelausstattung für seine kleine Wohnung kommt, steht noch nicht fest. Wichtig ist ihm gegenwärtig auch, dass er durch Schulungen zu einer neuen Arbeitsmöglichkeit kommt. Er hofft auf eine Weiterbildung im Fennel-Schulungsprogramm. »Ich darf nichts mehr allein entscheiden«, sagt Tischler, »alles wird von der Arge entschieden. Seit dem 1. August muss ich mich von 8 bis 20 Uhr bereithalten für die Behörde der Arbeitsagentur.«
Arend Janzon erklärt, dass eine Schulung möglicherweise infrage käme. »Wir wollen versuchen, dem Mann auch hier zu helfen. Gegenwärtig geht es um die Beurteilung der rechtlichen Situation.«

Artikel vom 08.08.2006