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»Bis zum letzten Atemzug«

Interview: Jan Hoet äußert sich über seinen neuen Vertrag

Herford (man). MARTa-Leiter Jan Hoet haftet persönlich für Verluste, die entstehen, falls sein Museum den Ausstellungsetat überschreitet. Ein ungewöhnlicher Vertrag; gegenüber dem belgischen Sender VRT begründet der 70-Jährige, warum er der Vereinbarung mit der Stadt zugestimmt hat.

Mit einem im Kunst-Magazin »Art« erwähnten Interview hatte Jan Hoet zuvor Reaktionen hervorgerufen, die als »Herforder Humordebatte« in die Lokalgeschichte eingehen werden (siehe auch zahlreiche Leserbriefe).
Das Gespräch mit dem belgischen Sender wiederum dreht sich um ganz andere Dinge. Hier erläutert Hoet unter anderem die bisherige MARTa-Finanzsitutation samt Überschreitung der Betriebskosten. Dabei fragt der Interviewer nach der Unterstützung, die der frühere documenta-Leiter in Herford bekomme. Antwort: »Die Unterstützung ist relativ in dem Sinne, dass ich selber einen Kompromiss mit der Stadt geschlossen habe und die Verantwortung trage für die Lasten und die Schulden der verschiedenen Ausstellungen.«
Der Fragensteller äußert seine Überraschung, und Hoet begründet seinen Schritt mit der Verpflichtung für das Museum: »Entweder du tust es oder du tust es nicht, und dann wird das hier ein »Volkskunstmuseum«.« Eine Gefahr, auf Grund des Vertrages mit der Stadt in Herford zu verarmen, sieht er nicht: »Ich weiß, wie viel eine Ausstellung kostet und ich weiß, wie viel Überschuss man braucht, um eventuelle Überraschungen auszuschließen.« Daraufhin der Interviewer: »Die Chance, dass also dein eigenes Sparbuch eingesetzt werden muss, ist klein?« Hoet antwortet: »Sehr klein.«
In dem Interview geht es auch um die Situation in Herford, über die Beweggründe, ein ambitioniertes Museum wie das MARTa zu planen. Herford sei eine Stadt, die Ruhe brauche - mit demografischen Folgen: »Die Jugend zieht weg, der Bürgermeister und einige Leute von der Stadt haben gesagt, wir müssen hier neue Signale setzen.«
Ohne Zweifel meint der Belgier hier das MARTa-Museum - wobei er einräumt, in der Anfangsphase Probleme mit dem Gehry-Bau gehabt zu haben. Es handele sich um ein »mehr irrationales Gebäude«, das allerlei Kosten mit sich gebracht habe, die man nicht hätte einschätzen können. Zudem habe man einen ehrenamtlichen Geschäftsführer (Berndt Kriete, Anm. der Red.) gehabt. Dessen Aufgabe sei es gewesen, die Bauarbeiten zu begleiten und die Kalkulationen zu erstellen: »Aber dieser Mann war jemand, der nicht die Fachkompetenz hat, um ein Museum zu leiten, und der daher auch überrascht gewesen ist durch verschiedene andere Probleme.«
Ebenso ist von der nicht ungeteilten Zustimmung zum MARTa die Rede - am Schluss räumt der ehemalige Boxer Jan Hoet ein, dass er den Stress und die Feindschaft auch brauche. Außerdem sieht er sich in der Verantwortung: »Ich hätte gehen können, aber ich sage Nein. Ich gehe in dem Moment, wo das hier etabliert ist und ich die Position für meinen Nachfolger vorbereitet habe.« Eine Bemerkung, die den Journalisten zu der Schlussformulierung veranlasst: »Jan Hoet in Herford, der Mann, der kämpfen wird bis zum letzten Atemzug.«
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Artikel vom 08.08.2006