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Eine Sache des (Ver) Mieters


»Schönheitsreparaturen« im Lichte der aktuellen BGH-Rechtsprechung

Schon seit vielen Jahren muss sich die Deutsche Rechtsprechung immer wieder mit dem leidigen Thema, wer die Schönheitsreparaturen in einer Mietwohnung zu tragen hat, befassen. Ursprünglicher Ausgangspunkt der Diskussion war die Frage, ob nun Vermieter oder Mieter für die Durchführung von Schönheitsreparaturen zuständig ist.

Der Gesetzgeber hat diese Frage (leider) nicht direkt beantwortet, sondern in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB nur geregelt, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten hat. Hieraus folgt, dass die Durchführung der Schönheitsreparaturen eigentlich Aufgabe des Vermieters ist.
Da diese Lastenverteilung von vielen Seiten als ungerecht angesehen wurde, hat sich schließlich die Rechtsprechung auf den Standpunkt gestellt, dass der Vermieter seine Verpflichtung, die Schönheitsreparaturen durchzuführen, vertraglich auf den Mieter abwälzen kann und zwar auch in einem Formularvertrag.
Entsprechend findet sich heutzutage in vielen Standardmietverträgen die Regelung, dass die Schönheitsreparaturen vom Mieter zu tragen sind.
Nachdem diese erste Streitfrage geklärt war, entbrannte der Streit darüber, wann und wie häufig die Schönheitsreparaturen durchzuführen sind.
Hier hat sich in den vergangenen Jahren die Regelung eingebürgert, dass Schönheitsreparaturen in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, und in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre durchzuführen sind.
Solche Fristenpläne konnten auch nach der Rechtsprechung in dem Kleingedruckten der Mietverträge, also in den Allgemeinen Vertragsbedingungen eines Mietvertrages, vereinbart werden.
An dieser Regelung hatten sich sowohl Mieter als auch Vermieter gewöhnt.
Nunmehr ist in der letzten Zeit eine Änderung in der bisherigen Rechtsprechung eingetreten und zwar dadurch, dass der Bundesgerichtshof (BGH) einige der bisher üblichen Standardformulierungen in den genannten Mietverträgen für unwirksam erklärt hat. Ausgangspunkt für diese Änderung waren Prozesse über Verträge, in denen vereinbart war, dass die Mieter bei Auszug aus der Wohnung eine End-Renovierung vorzunehmen hätten und zwar unabhängig vom Zustand der Wohnung. Solche Klauseln hat der BGH ab 1998 für unwirksam erklärt.
Im Frühjahr 2005 mußte der BGH sich mit der Wirksamkeit folgender Klausel auseinandersetzen:
Der Mieter hat »alle je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung erforderlichen Arbeiten unverzüglich auszuführen. Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen .... erforderlich.«
Die Frage, die dem Gericht vorlag, war, ob es sich bei dieser Klausel um eine Klausel mit einem »starren« Fristenplan handelt oder nicht. Nach Auffassung des Gerichts ist ein Fristenplan dann »starr«, wenn die entsprechende Klausel des Mietvertrages vorsieht, dass die Schönheitsreparaturen unabhängig vom Zustand der Wohnung in genau festgelegten Zeitabständen durchzuführen sind. Hierbei ist Beurteilungsmaßstab die Sicht des nach Auffassung des BGH zu schützenden Mieters.
Die Frage wurde in der angesprochenen Entscheidung vom 9. März .2005 (Az.: VIII ZR 17/04) noch verneint. Aus den beiden Formulierungen »erforderlichen Arbeiten« und »im Allgemeinen« hat der BGH in dieser Entscheidung noch entnommen, dass es sich nicht um einen »starren Fristenplan« handelt. Gleichzeitig deutet der BGH an, dass Klauseln, die einen »starren« Fristenplan enthalten, den Mieter zu sehr benachteiligen und überfordern, so dass sie gegen die Regelungen der §§ 307 ff BGB verstoßen und deshalb unwirksam seien. Entsprechend dieser Linie hat der BGH inzwischen folgende Formulierungen für unwirksam erklärt:
¥ Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses notwendig werdenden Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen. Auf die üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen (Urteil vom 05.04.2006, Az. VIII ZR 152/05).
¥ »Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses notwendig werdenden Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen.
Auf die üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen (z. B. Küche/ Bäder: 3 Jahre, Wohn- und Schlafräume: 4 bis 5 Jahre, Fenster, Türen und Heizkörper: 6 Jahre) (Urteil vom 05.04.2006 zu Az. VIII ZR 106/05).
¥ Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses entsprechend nachstehender Fristen fällig werdender Schönheitsreparaturen fachgerecht auszuführen... (Urteil vom 05.04.2006 zu Az. VIII ZR 109/05).
Dagegen hat der BGH in einem weiteren Urteil vom 05.04.2006 (Az VIII ZR 163/05) folgende Klausel als wirksam erachtet:
Der Mieter hat insbesondere die Verpflichtung, auf seine Kosten alle Schönheitsreparaturen ... auszuführen beziehungsweise ausführen zu lassen. ... Diese Arbeiten sind ab Mietbeginn in der Regel in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach drei Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen... spätestens nach fünf Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten... spätestens nach sieben Jahren zu tätigen.
Zur Begründung führte der BGH hierzu aus, dass die Worte »in der Regel« genügend Raum böten, um eine Beurteilung des Einzelfalles vorzunehmen, mit dem Ziel, gegebenenfalls eine Anpassung der tatsächlichen Renovierungsintervalle an die objektiv erforderlichen Intervalle zu ermöglichen.
Da die Unterschiede in den genannten Formulierungen sehr gering sind, braucht man kein Prophet zu sein, um festzustellen, dass es in Zukunft wieder erheblichen Streit darüber geben wird, ob nun der Mieter verpflichtet ist, Schönheitsreparaturen durchzuführen oder nicht. Hierbei soll an dieser Stelle ausdrücklich klargestellt werden, dass die Rechtsprechung des BGH nicht nur auf neue Mietverträge anzuwenden ist, sondern auf sämtliche Mietverträge, gegebenenfalls auch solche, die bereits jahrzehntelang laufen.
Es hilft dem Vermieter im übrigen auch nicht, wenn er vorsorglich neben einer Klausel über die Durchführung von Schönheitsreparaturen in dem Mietvertrag auch noch eine Klausel über eine Endrenovierung aufgenommen hat. Auch diese Kombination findet vor den Augen der Richter des BGH keine Gnade, so dass eine solche Kombination in der Regel unwirksam ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Verpflichtung zur Durchführung der Endrenovierung nicht im Formulartext enthalten, sondern individuell ausgehandelt wurde (BGH, 05.04.2006, Az. VIII ZR163/05).
Wie sieht nun die Rechtslage aus, wenn der Mieter auszieht, ohne eigentlich notwendige Schönheitsreparaturen durchzuführen?
Hier steht der BGH auf dem Standpunkt, dass es dann, wenn die Fristenbestimmung unwirksam ist, keine Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen gibt. Eine entsprechende Klausel ist also nicht nur bezogen auf die Fristenregelung, sondern insgesamt unwirksam.
Die Folge dieser Rechtsauffassung ist, dass der Mieter ausziehen kann, ohne die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Der Vermieter bleibt in diesem Fall auf den Kosten einer Renovierung hängen.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass von der Frage der Durchführung von Schönheitsreparaturen die Frage der Durchführung von Schadensbeseitigungsarbeiten abzugrenzen ist.
Sollte also ein Mieter seine Wohnung in knallig schreienden Farben (gelb, blau, rot oder grün) streichen und hierdurch die Grenzen des normalen Geschmacks so sehr überschritten werden, dass in diesem Zustand eine Neuvermietung der Räume praktisch unmöglich ist, so ist von einer Renovierungspflicht des Mieters auszugehen. In diesem Fall handelt es sich nicht mehr um »Schönheitsreparaturen«, sondern um die Beseitigung von Schäden. Solche Arbeiten, die zur Beseitigung von Schäden an der Mietsache notwendig sind, sind unabhängig von der Wirksamkeit eines Fristenplanes durchzuführen.
Im übrigen haben die vorgenannten Entscheidungen des BGH, die sämtlich für den Bereich der Wohnraummiete ergangen sind, zwischenzeitlich auch schon Auswirkungen auf die Geschäftsraummiete.
So hat der BGH zum Beispiel in einem Urteil aus dem Jahr 2005 entschieden, dass dann, wenn in einem Mietvertrag sowohl ein Fristenplan, als auch eine End-Renovierungsklausel enthalten ist, eine solche Summierung zu einer Unwirksamkeit beider Klauseln führen kann. Ferner hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil entschieden, dass im Falle einer Änderungsschneiderei, also im Bereich eines gewerblichen Mietvertrages, ein starrer Fristenplan ebenfalls unwirksam ist, da der Inhaber einer Änderungsschneiderei mit einem Wohnungsmieter vergleichbar sei. Sollte diese Entscheidung rechtskräftig werden, so kann sie sicherlich auch auf andere Kleingewerbetreibende übertragen werden.

Artikel vom 12.08.2006