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Von den Bühnen der Welt an den Teuto

1300 Besucher zeigten sich begeistert vom international besetzten Jazz-Festival in Dissen

Dissen (mp). Erst als Samstag gegen Mitternacht der Haller Willem die Zugreisenden zum Aufbruch in Richtung Osnabrück mahnte, wurde den meisten der 800 Jazzfans bewusst, dass einmal Schluss sein musste: Reiner Regel, einer der besten Saxophonisten und Klarinettisten Europas, hatte sie mit seiner Band so in seinen Bann gezogen, dass niemand mehr auf die Uhr schaute.
Swing unter freiem Himmel - das war am vergangenen Wochenende nur die halbe Wahrheit. Denn schon am ersten Tag, dem Freitag dieser bereits im neunten Jahr angebotenen Großveranstaltung, saßen die gut 500 Freunde von Jazzmusik trocken und warm unter einem riesigen Zeltdach, das die Helfer vom Jazz Club Dissen-Bad Rothenfelde über den Bahnhofsvorplatz gespannt hatten. Ein paar Tröpfchen von oben - so wie auch am Samstag - hatten keine Chance. Und warm war es ohnehin wieder geworden.
Acht Bands waren es, die der Jazz Club eingeladen hatte. Dazu gehörten allesamt hochkarätige und international bekannte Musiker mit viel Erfahrung und Erfolg auf den Bühnen der Welt, die an den Teutoburger Wald gekommen waren, um dort für die in deutschen Landen als fachlich qualifiziert bekannten Freunde des Jazz aufzuspielen. Ohnehin hat das Dissener Open-Air-Jazz-Festival seit nunmehr neun Jahren einen außerordentlich guten Ruf.
»We will swing again« - so hatte der Jazz Club sein Festival angekündigt, und so geschah es auch über weite Strecken. Den stimmungsvollen und vielversprechenden Auftakt machten die niederländischen »Jazz Freaks«, bei deren Rhythmen der Funke sofort auf die schon am frühen Freitagabend gekommenen Fans übersprang und sich im weiteren Verlauf bei der »Bigband Blechschaden« aus Lüneburg und später bei der »Al Jones Bluesband« noch steigerte.
Der Samstag bei wunderschönem Sommerwetter - ein Regenschauer von nur wenigen Minuten störte wirklich nicht - wurde sehr international und hochklassig: »Crazy Chris Kramer« mit Blues, Country und Zigeunerswing brachte die Fans zum Auftakt auf Trab, danach glänzten »Kat Baloun, Nina T. Davis & The Alleycats« mit tollen Arrangements, denen John Evers mit seiner traditionsreichen »Blue Note Six« Armstrong-Interpretationen folgen ließ.
Großartig war ebenfalls die Show von Gerhard Aflenzer & his Broadway Big Band aus Österreich, die mit stimmgewaltigen Vokalisten Hits der großen Las Vegas-Zeit mit den unvergessenen Marilyn Monroe, Liza Minelli oder auch Elvis Presley lebendig werden ließen. Und mit Reiner Regel & Band - zum vierten Mal schon in Dissen - stand eine Gruppe auf der Bühne, deren Namensgeber zur ersten Garde europäischer Saxophonisten und Klarinettisten zählt, wobei auch seine musikalischen Begleiter Dave Bowler (Drums), Achim Kück (Piano) und Gerald Bartels (Kontrabass) als weltweit erfahrene Ausnahmesolisten gelten.
Der sensationelle Erfolg mit toller Musik und insgesamt 1300 Fans ermutigt die Verantwortlichen des Jazz Clubs Dissen-Bad Rothenfelde für das zehnte Open-Air-Festival 2007 zu noch mehr Anstrengung.
Vielleicht sind dann auch die finanziellen Voraussetzungen für einen mitternächtlichen Einsatz des Haller Willem in Richtung Bielefeld gegeben. Denn die vielen Jazzfreunde aus dem angrenzenden Nordrhein-Westfalen mussten zu später Stunde mit dem Auto den Rückweg antreten und schauten ihren niedersächsischen Freunden neidisch zu, als diese in den Zug stiegen, ohne vorher auf ein kühles Getränk verzichten zu müssen.

Artikel vom 08.08.2006