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Die Hüften und Knie müssen vorerst warten

Mögliche Ärztestreik-Ausweitung am Städtischen Klinikum Gütersloh

Gütersloh (rec). Dem Städtischen Klinikum Gütersloh steht ein Dauerstreik ins Haus. Heute entscheiden die im Marburger Bund organisierten Ärzte darüber, ob sie sich den auf zunächst eine Woche terminierten Streik an anderen kommunalen Krankenhäusern in Ostwestfalen-Lippe anschließen.

In einem Pressegespräch dankten der kaufmännische und der ärztliche Geschäftsführer gestern überraschend den Ärzten für die bisherige »Schonung« der Klinik: »Wir hoffen, dass es auch in Zukunft dabei bleibt.« Für den gegenteiligen Fall zeigte der Kaufmann Ingo Engelmeyer den Ärzten schon mal die finanziellen Auswirkungen eines Streiks auf. So habe der Ausstand am vergangenen Dienstag die Klinik rund 25 000 Euro gekostet. Sollten die für jenen Tag bestellten Patienten inzwischen andere Krankenhäuser aufsuchen, seien diese Erlöse für immer verloren.
Allein der mit der Gewerkschaft Verdi ausgehandelte Vertrag wird das Städtische Klinikum mit 1,5 Millionen Euro belasten. Engelmeyer teilte mit, dass diese Vereinbarung zum 1. August umgesetzt worden sei. Krankenhausdezernent Dr. Klaus Wigginghaus schloss einen auf Gütersloh bezogenen Haustarifvertrag kategorisch aus - solche Verträge sind inzwischen an anderen kommunalen Kliniken durchaus mit dem Marburger Bund ausgehandelt worden. Wigginghaus und Pflegedienstleiter Rainer Jakobi warnten dagegen davor, durch »Sonderverhandlungen« einen Keil durch die Belegschaft zu treiben. Engelmeyer wiederum schloss drastische Einsparmaßnahmen auch beim Pflegepersonal nicht aus, sollte sich der Marburger Bund mit seinen Gehaltsforderungen durchsetzen: »Auf die vorhandene Mehrbelastung kämen dann noch einmal je nach Abschluss zwischen 600 000 und 1,8 Millionen Euro. Da unsere Einnahmen gedeckelt sind, müssen wir das Geld an anderer Stelle sparen.«
Der ärztliche Direktor Dr. Andreas Köhler versicherte, dass Not- und Intensivfälle trotz des Streikes selbstverständlich behandelt würden: »Wir weisen keinen Patienten ab.« Im Alltag müsse man vielleicht auf den einen oder anderen Laborbefund länger warten als üblich. Darüber hinaus würden die planbaren Eingriffe verschoben: »Die Knie und Hüften müssen warten.«
Der vergleichsweise »milde« Umgang mit dem Städtischen Klinikum Gütersloh hänge mit der hohen Reformbereitschaft des Hauses zusammen. Trotz denkbar niedriger Vergütungen seien hier Forderungen der Ärzte zum neuen Arbeitszeitgesetz größtenteils umgesetzt worden.

Artikel vom 08.08.2006