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Hier verfliegt jede böse Laune

Elfriede Dembeck (86) hat am Webrahmen altes Handwerk wiederentdeckt

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Foto)
Löhne (LZ). Elfriede Dembeck (86) hat einen großen Freundeskreis. Zu besonderen Anlässen wartet sie mit einer Überraschung auf: Handgewebte Kissenbezüge sind die neueste Errungenschaft ihres ausgefallenen Hobbys.

Gestrickt hat sie immer schon, erzählt die Seniorin. »Damals in der Hamsterzeit war es notwendig, dass man überleben konnte.« Im Ruhrgebiet ist Elfriede Dembeck aufgewachsen, hat sie ihren Mann kennengelernt.
Die kaufmännische Angestellte ist mit ihm, einem Tischlermeister, vor fünf Jahrzehnten nach Gohfeld gezogen, als er hier Arbeit fand. Drei Kinder hat sie aufgezogen und sich noch im hohen Alter auf ihr altes Handwerk besonnen, das ihr einstmals schon viel Freude bereitet hat.
Genau erinnert sie sich noch, wie sie vor 53 Jahren an der Volkshochschule in Bochum in einem halben Jahr den Kursus absolvierte. »Sie haben Fingerspitzengefühl«, attestierte ihr die Webmeisterin.
im Einfamilienhäuschen an der Breslauer Straße in Gohfeld wurde der Webrahmen damals auf den Boden verbannt. Längst im Rentenalter, nahm der Tischler das sperrige Stück in die Hand und fragte seine Frau, ob sie es nicht verbrennen sollten. »Da bin ich wieder angefangen. Flickenteppiche, Reste, das waren meine erste Arbeit.«
50 Fäden werden von Elfriede Dembeck auf 80 Zentimeter Breite verteilt und die Kette wird mit harter Hand gespannt: »Die Motive habe ich im Kopf«. So ist schon vieles entstanden, womit sie ihre sommerliche oder winterliche Garderobe aufbessern kann: »Eine Freundin hat mit geholfen beim Zusammenbau.« Ein rosa Farbton harmoniert wunderbar mit dem dunklen Blau der Hose.
»Weben beruhigt, davon gehen alle bösen Launen weg und man lernt Geduld. Wenn etwas verkehrt ist, muss man es wieder losmachen«, erzählt die rüstige Seniorin. Sie arbeitet gern nachmittags für ein bis zwei Stunden am Webrahmen.
Die Dembecks sind beide Ehrenmitglieder der Theatergruppe aus der Kirchengemeinde: »Ich finde es schön, dass die Jungen uns Ältere noch dabei haben wollen«, erklärt sie und hat sich vorgenommen, künftig zu jedem 50. Geburtstag oder zur Silberhochzeit eine handgewebte Kissenhülle zu überreichen. Es sind willkommene Geschenke, wie sie festgestellt hat.
Ein so genanntes Antependium der Gobelin-Bildweberei ist für die Trauerhalle auf dem Gohfelder Friedhof in der Werkstatt von Elfriede Dembeck entstanden. Auch an Landschaftsmotiven versucht sie sich, auch wenn ihr die Farben noch nicht so recht gefallen. Gefragt danach, woher sie das Talent hat für die künstlerischen Arbeiten, braucht sie nicht lange zu überlegen. »Mein Vater war Kunstmaler«.

Artikel vom 05.08.2006