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Schulrätin Christel Dahlhoff-Hilbert riet zu einem Kompromiss. Foto: WB

Demo gegen »Kompromiss« geplant

Schulbus-Streit: Nach emotionaler Elternversammlung Rückenwind bei Unterschriftenaktion

Halle (SKü). Am Tag nach einer denkwürdigen Versammlung in der Grundschule Gartnisch waren die immer noch erbosten Eltern von Buskindern schon wieder aktiv. Auf dem Wochenmarkt sammelten sie am Freitag Unterschriften von Bürgern. Und sie erhielten viel mehr Zuspruch, als sie jemals für möglich gehalten hätten.

Mehr als 200 Mal trugen sich Haller in die Listen der Gartnischer Schülereltern ein. Darunter sogar viele Eltern von Kindern der Lindenschule, die ja möglicherweise eben nicht in den Genuss kommen, auf den die Gartnischer mit soviel Vehemenz pochen - nämlich die weiterhin kostenlose Busbeförderung auch in den Klassenjahrgängen 2 bis 4, die unter zwei Kilometer Schulentfernung wohnen. Schulpflegschaftsvorsitzende Anja Pohlmann verspürte durch die Resonanz viel Rückenwind, dass die Argumente entgegen der ablehnenden Haltung des Rathauses von vielen Bürgern gut verstanden werden.
Weiterhin erzürnt über das ganze Vorgehen, mit dem eine jahrzehntelang geübte Praxis von einem Schuljahr aufs nächste zu ihren Lasten außer Kraft gesetzt werden soll, planen die Gartnischer Eltern weitere Protestaktionen. So ist am Montag, 14. August, um 7.30 Uhr ein Demonstrationszug mit Kindern und Eltern vom Amtsgericht zur Grundschule geplant. Demonstriert werden soll insbesondere gegen die amtliche Sichtweise, dass die B 68 ein sicherer Schulweg ist. Schließlich wollen am Mittwoch, 16. August, um 7.30 Uhr alle Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, um aufzuzeigen, welche Sicherheitssprobleme diese Variante bringen könnte.
Doch vielleicht wird dies alles gar nicht mehr nötig. Denn der Protest hat schon jetzt Wirkung gezeigt. Entgegen ihrer noch am Mittwoch verbreiteten Erklärung, wonach kein Kompromiss möglich sei und Schülereltern für eine Busfahrkarte 39 Euro monatlich zu zahlen hätten, schwenkte Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann am Donnerstagabend wieder um. Nach einem Gespräch mit Schulrätin Christel Dahlhoff-Hilbert ließ sie sich überzeugen, die bisherige Regelung wenigstens für ein weiteres Jahr aufrecht zu erhalten. Diese Zusage, die die Stadt 31 000 Euro kostet, steht jetzt. Über weiteres will die Bürgermeisterin am Montag zunächst noch einmal mit den beiden Rektorinnen und der Schulrätin sowie dann mit allen Fraktionen reden. »Ich brauche jetzt Rückendeckung«, will sie statt eines Verwaltungsaktes eine politische Entscheidung.
Bei der Versammlung mit mehr als 50 Eltern - auch Vertreter von SPD, Grüne und STU waren da - saß die Bürgermeisterin wahrlich auf einem »heißen Stuhl«. Der Umstand, dass ihre Kinder zwangsweise in Gartnisch eingeschult wurden, obwohl die neue Lindenschule jetzt viel näher liegt, sie aber jetzt trotzdem für Bustransport zahlen sollen, empörte die Eltern. Wenn schon, dann müsse die Übergangslösung drei Jahre gelten - Kostenpunkt 63 000 Euro, wenn nicht auch noch andere Schulen Ansprüche erheben.
Wie ernst den Eltern ihr Prostet ist, zeigte eine Abstimmung, wer in Gartnisch bereit ist, seine Kinder auf die nähere Lindenschule umzumelden. Allein im 2. Jahrgang wären das mindestens 14 Kinder, im dritten immerhin noch zehn. Das aber würde die Schulorganisation an beiden Standorten durcheinander wirbeln. Und beide Rektorinnen machten klar, dass sie, bei allem Verständnis, solche Ummeldungen nicht befürworten würden. Insofern erscheint Eltern auch dieser Ausweg versperrt.

Artikel vom 05.08.2006